Der vergessene Missionar

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cipher
Gelöschter Benutzer

Der vergessene Missionar

von cipher am 23.01.2015 11:00

Einleitung
Nachdem ich eine Weile in einem Missionswerk Dienst getan hatte, bestand für mich noch immer die Frage, ob Mission vielleicht für mich das Richtige wäre, Gott in diesem Bereich zu dienen. Dann lernte ich in der Gemeinde jenen Manfred Sauer kennen. Die Geschichte ist in den Grundzügen wahr, aber so, dass niemand die wahren Akteure erkennen kann. Die Geschichte hat meinen Stanpunkt dann auch beeinflusst. Ich stelle die Geschichte mal hier ein, weil es vielleicht Anlass gibt, über das Theme "Mission" zu sprechen?

Manfred war Sohn einer recht angesehenen Familie, welche in einem kleinen, nicht gerade idyllischen, aber sonst ganz ordentlichen Dorf wohnte. Seine Eltern waren gläubige Leute - wie erwähnt, ziemlich angesehen in diesem Dorf - und so wuchs er in jener christlichen Geborgenheit auf, die bewirkte, daß er den Glauben an Jesus Christus zu sich nahm, wie den wöchentlichen Eintopf oder das frühmorgendliche Honigbrot. Mit seinen Eltern und Geschwistern besuchte er ziemlich regelmäßig die Gottesdienste der Gemeinde, der sie angehörten.

Manfred Sauer erlebte eine angenehme und einigermaßen unbeschwerte Kindheit und Jugend. Weil seine Eltern ihn mit viel Verständnis behandelten, über- und durchlebte er auch die schwierige Zeit seiner Pubertät ohne allzuheftiges Auflehnen. Selbst die regelmäßige Teilnahme an den Gottesdiensten litt kaum darunter. Zu jener Zeit hätte man ihn, den ansehnlichen Manfred, durchaus als angepaßten Jugendlichen bezeichnen können.

Wie die meisten Eltern, gaben sich auch die seinen redlich Mühe, ihrem Filius eine ordentliche Ausbildung zuteil werden zu lassen. Infolgedessen besuchte er das Gymnasium in der Kreisstadt, schloß sein Abitur standesgemäß leicht über dem Durchschnitt ab, und begann zu studieren.

Schon während seiner Kindheit hatte er glauben gelernt, daß eine der höchsten Weihen, die einem gläubigen Christen zuteil werden können, die Berufung als Missionar auf das Missionsfeld war. Gespräche der Eltern über einen weitläufig Verwandten, der als Missionar im fernen Lateinamerika seinen Dienst versah, Bücher über berühmte Missionare und auch Erzählungen und vorgelesene Geschichten in der Sonntagsschule taten ihr Übriges, dem jungen Manfred diesen Glauben zu vermitteln.

Als er als Zwölfjähriger einmal einer etwas ältlichen, unbemannten Tante gegenüber den Berufswunsch „Missionar" äußerte, war diese völlig entzückt und hingerissen über Manfreds Äußerung, die von einer „frühen und tiefen Einsicht zeuge", wie die Tante zu wissen behauptete. Fortan versorgte sie ihn mit immer neuen Büchern, Lebensbeschreibungen und Erlebnisberichten von Missionaren, die in allen Teilen der Welt ihren Dienst getan hatten. Allmählich und fast zwangsläufig hatte dieser Wunsch auch in Manfred Raum gewonnen. Verstärkt wurde dieser Wunsch auch durch seine Gemeinde. Dort traten immer wieder einmal Missionare auf, die in der Außenmission ihren Dienst taten. In zum Teil sehr eindrucksvollen Worten legten sie von ihrer Arbeit Bericht ab, hin und wieder mit den unvermeidlichen „Missions-Diaschauen" ergänzt. Manch einer dieser Missionare nutzte seine Predigt, der Gemeinde klar zu machen, daß eigentlich nur die Arbeit auf dem Missionsfeld gottgefällig sein könne, wenn man denn Gott und die Menschen wirklich liebe.

Manfreds Glaube glich einer Ehe ohne Sex. Sein Verhältnis zu Jesus, das spürte Manfred je älter er wurde, desto deutlicher, war nicht gerade innig. Ein unbestimmtes Gefühl ließ Manfred glauben, sein Verhältnis zu Jesus würde intensiver werden, wenn er ihm erst einmal auf dem Missionsfeld diene.
Der Sohn angesehener Eltern begann also sein Studium zunächst an einem theologischen Seminar. Was er dort zuallererst lernte, war das Erstellen und Versenden von hochaktuellen und ebenso informativen Rundbriefen, damit die ihn im Gebet umgebenden Freunde, Bekannten und Verwandten und - natürlich - die Gemeinde, auch ständigen Anteil an seiner Entwicklung haben konnten. Um auch ein „vollwertiges" Theologiestudium vorweisen zu können, schloß er daran ein Studium an einer theologischen Fakultät an.

Während seines Studiums kehrte er häufig, für ein Wochenende oder, wie in den Semesterferien, auch länger, in sein ländliches Dorf zurück. Das hatte zur Folge, daß er ab einem bestimmten Zeitpunkt, ab dem man ihn, den Theologiestudenten der Gemeinde, für würdig genug dazu erachtete, von den Leitern der Gemeinde ab und an gebeten wurde, an einem Sonntag „am Wort zu dienen", wie es in schönstem Christinesisch ausgedrückt wurde. Das schmeichelte dem Manfred Sauer natürlich ungemein. An jenen Sonntagen gab er sich ganz besondere Mühe, seine Aufgabe gewissenhaft zu erledigen und zu zeigen, was er in seiner bisherigen Studienzeit gelernt hatte. Weil Manfred ein weltoffener und fortschrittlich denkender Theologiestudent war, brachte er so manche neue Idee von den Stätten seines Studiums mit in die Provinz, um sie dort an den Mitgliedern seiner Gemeinde anzuwenden.

Hin und wieder mochte das zu leichtem Befremden besonders unter den älteren Gemeindegliedern führen. Das focht allerdings weder Manfred an, noch seine Eltern und Geschwister, welche an solchen Sonntagen immer mit stolzgeschwellter Brust auf ihren Plätzen saßen und mit sichtlichem Wohlwollen auf ihren so prominenten Sohn und Bruder schauten.

Ganz hinten in seinem Hirn, in einem kleinen und verborgenen Kämmerlein, wünschte sich Papa Sauer, es sei erlaubt, in einem Gottesdienst Beifall zu spenden. Wäre ihm jedoch dieser Gedanke in seiner vollen Tragweite aus dem Unterbewußtsein ins Bewußtsein gelangt, hätte er als demütig-bescheidener Christ der er doch war, sich selbstverständlich dieses Gedankens geschämt und sich selbst kasteit.

Student der Theologie Manfred Sauer lernte die Nichtmehrstudentin Katinka Wunderblum kennen. Katinka Wunderblum, ehrgeizige Tochter deutsch-russischer Spätaussiedler, hatte als Ärztin ihren Doktortitel erworben, stammte ebenfalls aus gläubigem Elternhaus und verliebte sich Hals über Kopf in den Studenten Manfred Sauer.

Der angehende Theologe und die Ärztin wurden sich bald einig und heirateten. Zu Hause und in seiner Gemeinde wurde mit Ehrfurcht und übergroßer Bewunderung von dem Gemeindeglied gesprochen, das eine echte Ärztin geheiratet hatte. Vor allem, daß diese Ärztin nun also auch in die Mission gehen wollte - als eine Art weiblicher Albert Schweizer gewissermaßen - wurde mit heren Worten gewürdigt.

Die beiden verliebten Eheleute wurden mit Einladungen förmlich überhäuft, weil beinahe jedes der Gemeindemitglieder sich der Bekanntschaft solch prominenter Demnächstmissionare rühmen können wollte. Oh ja, wunderbar würde das sein. Wenn der bekannte Missionar und seine bekannte Missionsärztin erwähnt würden, würde man wie beiläufig sagen können: „Jaja, kenne ich gut, die beiden." Auch, wenn sich diese Bekanntschaft auf zwei regnerische Sonntagnachmittagsstunden zwischen zwei Stück Tiefkühlbuttercremetorte, einem selbstgebackenen Gugelhupf nebst in kostbares Supermarktporzellan eingeschenkten Kaffe beschränkte.

Die Gemeinde als Gemeinschaft und die Gemeindemitglieder schmückten sich mit diesen beiden Demnächstmissionaren und hängten sich deren Mitgliedschaft in der Gemeinde und die Bekanntschaft mit dem Ehepaar um den vor Ehrfurcht und Bewunderung ob soviel Opferbereitschaft zugeschnürten Hals.

Es gab einige Schwierigkeiten mit verschiedenen Papieren, von denen die beiden auch mit der Bitte um Fürbittegebet minutiös berichteten. Doch dann stand er fest, der Tag der Ausreise.

Die Gemeinde führte ein „Aussendungsfest" durch, auf welchem Manfred und Katinka Sauer feierlich verabschiedet - „ausgesendet" - wurden. Man gab ihnen zu verstehen, wie geehrt sich die Gemeinde fühle, zwei solche Reichgottesarbeiter in ihrer Mitte zu wissen. Man erlegte ihnen freundlich-streng auf, stündlich mindestens einen Rundbrief in die bald ferne Heimat zu senden, um stets über alles auf dem Laufenden zu sein.

Der Tag der Abreise kam, die beiden Eheleute machten sich auf die Socken. Dann blieb es eine Weile still, bis, allerdings längst nicht so regelmäßig, wie von vielen gewünscht, hin und wieder Rundbriefe eintrafen. Sie berichteten vom schwierigen Anfang, Krisensituationen und auch gelegentlich von Ängsten und ganz und gar nicht, oder doch eher selten, vom siegreichen Dienst im Reiche des Herrn, auch nicht von reicher Ernte.

Dem guten Manfred begann aufzugehen, daß seine Annahme, sein Dienst würde sein persönliches Verhältnis zu Jesus inniger werden lassen, ein Irrtum zu sein schien. Rasch ernüchternd unter den widrigen Umständen, die seine und die Arbeit seiner Frau immer und immer wieder behinderten, drang er zu der Erkenntnis vor, daß er für diese Art vom Dienst im Reich Gottes offensichtlich nicht geeignet war.

Er erkannte seine vermeintliche Berufung auf das Missionsfeld als das, was sie zweifellos war: Eine fremdbestimmte, ihm von anderen aufgezwungene Entscheidung für sein Leben. Zwar ging seine junge Frau in ihrem Dienst vollkommen auf, doch er, Manfred Sauer, wurde immer unglücklicher. Stundenlange Fahrten mit dem Allradwagen durch unwegsames Gelände wurden ihm zur Quälerei. Er war nicht fähig, zu diesen Menschen, denen er die frohe Botschaft der Bibel vermitteln sollte, eine Beziehung aufzubauen, geschweige denn, ihnen so etwas wie Liebe entgegen zu bringen. Eine Krankheit zwang ihn, mehrfach nach Deutschland zurückzukehren, um sich in fachärztliche Behandlung begeben zu können. Seine Frau war nicht in der Lage, ihn zu begleiten. So mußte er diese Zeiten ohne ihre beruhigende Gegenwart verbringen, was ihn und seine Frau gleichermaßen schmerzte.

Etwa drei Monate, nachdem er von seinem letzten Aufenthalt in Deutschland zurückgekehrt war, erlitt er mit dem schon altersschwachen Missionsgeländewagen mitten in der Nacht im Busch eine Panne, und verbrachte diese Nacht reichlich ungemütlich zusammengekauert auf dem staubigen Rücksitz des Wagens. In dieser Nacht gedieh sein schon lange keimender Entschluß zur Reife: Er würde bei seiner Missionsgesellschaft um seine Ablösung ersuchen. Er konnte und er wollte nicht mehr, das Maß selbstauferlegter Opferbereitschaft war übervoll.

Seine Frau verstand ihn, denn sie hatte längst bemerkt, was ihren Mann quälte.

So geschah es denn. Nach knapp zwei Jahren auf dem Missionsfeld kehrten die beiden Eheleute dem afrikanischen Kontinent den Rücken.
Manfred fühlte sich als Versager auf der ganzen Linie. Mit schmerzender Seele und verwundetem Herzen trat er zusammen mit Katinka den Rückflug nach Deutschland an.

Bei seinen Eltern gab es Platz. Dort kamen die beiden erst einmal unter.

Nun hätte Manfred sich eigentlich nach Arbeit umsehen müssen. Katinka war im dritten Monat schwanger. Doch sein Versagen hatte ihn tiefer getroffen, als er sich selber eingestehen mochte. Wochenlang verkroch er sich in der Wohnung und war für kaum jemanden zu sprechen.

Die Gemeinde indessen hatte - peinlich berührt irgendwie und reichlich betreten - zur Kenntnis genommen, daß der Missionar nicht mehr missionierte. Aus der Traum! Einige wollten es vorhergesehen haben und verbreiteten sich lautstark darüber. Andere waren einfach enttäuscht. Letztlich geschah jedoch in dieser Gemeinde, was auch in der „Welt draußen" mit Menschen passierte, von denen man enttäuscht worden war und die von dem Sockel gestürzt waren, den zu erklimmen man sie unbarmherzig gezwungen hatte: der gewesene Missionar Manfred und die gewesene Missionsärztin Katinka wurden vergessen. Niemand interessierte sich mehr für ihr Schicksal. Man wandte sich anderen, erbaulicheren Themen zu.

Manfred tastete sich behutsam ins Hier und Heute zurück, schließlich erhielt er ein Angebot für eine Pfarrstelle irgendwo in Deutschland und nahm sie an. Er wurde ein beliebter Prediger, die Menschen in seiner Gemeinde mochten ihn. Was manche von ihnen wunderte war, daß Manfred dem Thema „Mission" beharrlich aus dem Wege ging.

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Cosima
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Re: Der vergessene Missionar

von Cosima am 23.01.2015 18:17

Hallo Cipher,

diese Geschichte hat mich berührt. Ja, ich kann mir den Weg, die Höhen und Tiefen, dieses Mannes gut vorstellen.
Als ich ein kleines Mädchen war, kam ein alter Missionar in unsere Gemeinde und erzählte von den Kindern in Afrika.
Seitdem war das mein Wunsch-Beruf: Krankenschwester werden und nach Afrika gehen.
Aber Gott hat diese Türen nicht geöffnet. Doch ich konnte eine Frauenarbeit gründen, die seit über dreißig Jahren
für ein Kinder-Hospital mitten im Kongo, in Vanga, arbeiten und viele Kinder dadurch gesegnet worden sind.

Türen mit Gewalt aufmachen, ist keine Lösung. Gottes Wege sind erkennbar, wenn wir IHN hören, uns leiten lassen durch
Sein Wort, dann kann ER uns gebrauchen, auf ganz unterschiedliche Weise. Wichtig ist, dass wir uns gebrauchen lassen, von IHM.

l.g.v.cosima

Die Liebe gibt nie jemand auf, in jeder Lage vertraut und hofft sie für andere; alles erträgt sie mit großer Geduld. 1.Kor.13:7 GNB

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chestnut
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Re: Der vergessene Missionar

von chestnut am 23.01.2015 19:47

Danke für diese Geschichte Cipher

Wer nur für Ruhm und Ehre in einen "christlichen Dienst" eintritt, ohne ganz klare Berufung zu haben, ist gefährdet wie dieser Manfred. Dies passiert nicht nur in Missionsdiensten im Ausland, dasselbe gilt für Starter in unseren Ländern, wo wir herkommen.

Die Realität ist oft ganz anders als in den Ausbildungsstätten gelehrt. Frust stellt sich sehr leicht ein, wenn kein "Erfolgsausweis" nachgewiesen werden kann, sprich sich die Gemeinde nicht vergrössert oder mindestens stabil gehalten werden kann.
Wer in einen christlichen Dienst geht, rechnet nicht mit happigen Konflikten, mit nörgelnden Gemeindegliedern. Predigten, Kinderanlässe, Frauengruppen, Jugendanlässe stehen genauso auf dem Programm - ob man darin sehr viel Erfahrung hat oder nicht und ob einem die Vorbereitungen dafür laufen oder nicht. Gemeindeglieder können für angefragte Dienste nein sagen, Pastoren nicht. Wenn sie glück haben, können sie Dienste, die ihnen weniger liegen, delegieren an Gemeindeglieder.

Und zum dümmsten Zeitpunkt gibt es Beerdigungen zu arrangieren, Krankgewordene im Spital zu besuchen etc.

Hintergrund und Vordergrund sehen oft sooo vollkommen unterschiedlich aus.
Und wer aussteigt, wird bestenfalls vergessen, oder manchmal leider schlimmer: geächtet *seufz*


Deshalb: Ohne eine wirkliche Berufung hält dies niemand über Jahre durch.

Liebe Grüsse
Chestnut

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Rapp
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Re: Der vergessene Missionar

von Rapp am 27.01.2015 17:46

...es war ein Tag, den ich gar nicht mehr erwartet habe. Seit einigen Wochen war ich mit dieser Gemeinde in Kontakt. Da sprach mich der Pastor an. Er fragte mich wo ich mich am liebsten in der Gemeinde einbringen möchte. Nimm dir was du magst, du hast freie Hand. So kann ich seither am Gemeindebrief mitschreiben, was mir sehr viel Freude macht.

Viele Jahre lang hatte ich kaum ne Möglichkeit in der Gemeinde direkt mitzuwirken. Ich arbeitete lange mit Drogenkranken Jugendlichen. Die Gemeinde damals nahm meine Arbeit kaum wahr. Dann war ich gezwungen meine eigene Drechslerei zu betreiben. Nun, wäre ich angestellt gewesen hätten wir sicher die Pflegekinder nicht aufziehen können. Dann kam ich auf eine Invalidenrente. Aus der Traum. Da lag auch kein Gemeindedienst mehr drin. Als Missionar war ich ohnehin längst vergessen. Nun pflegte ich meine Frau. Die übergemeindliche Arbeit in der Ausländermission musste ich aufgeben, denn ich konnte Elisabeth nicht mehr allein lassen.

Jenen Tag vergesse ich sicher nie. Mein früherer Chef betete mit mir: Herr, erstatte im die Jahre, die der Fresser ihm gestohlen hat. Das darf ich jetzt erleben. Hier bin ich in der Gemeinde voll dabei. Ich kann mich nach meinen Kräften einsetzen und bin auch bei den heimgekehrten Missionaren akzeptiert. Sicher ist mal ein kleiner Wermuthstropfen da, den ich aber schleunigst beim Herrn abgebe...

Heute frage ich nicht mehr so oft warum, vielmehr aber warum denn nicht...

Willy

Antworten Zuletzt bearbeitet am 28.01.2015 10:32.

Kayla
Gelöschter Benutzer

Re: Der vergessene Missionar

von Kayla am 28.01.2015 10:46

Wer nur für Ruhm und Ehre in einen "christlichen Dienst" eintritt, ohne ganz klare Berufung zu haben, ist gefährdet wie dieser Manfred. Dies passiert nicht nur in Missionsdiensten im Ausland, dasselbe gilt für Starter in unseren Ländern, wo wir herkommen.

Ich weiß nicht, ob man das als Grund für sein Scheitern anfrühren sollte.Er wurde ja bereits früh in diese Richtung gedrängt und dann sieht es für einen jungen Menschen selbst oft genug ja so aus, als wolle Gott ihn da haben, wo die Christen aus der Gemeinde ihn sehen bzw. hindrängen. Eben weil es ja auch in gewisser Hinsicht aufregend und ein wenig glamourös erscheint, gibt es dann auch schnell sehr viel Zustimmung von der Gemeinde.

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chestnut
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Re: Der vergessene Missionar

von chestnut am 30.01.2015 10:12

Ja da hast du Recht. Vermutlich wurde er da auch hineingedrängt.

Das mit der Berufung war ein allgemeiner Satz, nicht speziell auf diesen Manfred gemünzt.

Trotzdem, wer "nur" aufgrund von Empfehlung einer Gemeinde - oder wie man das auch immer nennen mag - in einen Dienst geht, ohne Gottes ja dazu für sich selbst gehört zu haben, wird es wohl nicht sehr lange durchhalten.

Liebe Grüsse
Chestnut

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Rapp
Gelöschter Benutzer

Re: Der vergessene Missionar

von Rapp am 30.01.2015 17:39

Das Thema ist sehr vielschichtig. Darf ich einige Missionssituationen aufzeigen? Zum Teil haben sie im Leben von Missionaren große Probleme bewirkt.

Da war Albert. Er war gelernter Gärtner und wurde als Missionar nach Südamerika gesandt. Neben seiner Pionierarbeit studierte er Medizin in Peru und promovierte zum Doktor der Medizin um den Menschen dort besser helfen zu können. Als in den Gemeinden dort einheimische Leute die Verantwortung übernahmen zog Albert weiter. Aber eines Tages legte ihm Gott eine ganz besondere Last für die Maori in Neuseeland aufs Herz. Albert reiste dorthin. Das wollte aber unsere Missionsleitung nicht akzeptieren. Man sperrte sein Gehalt wegen eigenwilligem entfernen von der Arbeitsstelle.... Albert arbeitete als Gärtner in Auckland. Daneben entstanden Gemeinden und sein Können als Arzt setzte er unter den Maori ein.

Hans, Kongomissionar, wurde nach dem Tod seiner ersten Frau heimzitiert... Unverheiratete Männer haben auf dem Missionsfeld nix zu suchen!

Robert arbeitete in Johannesburg bis widerliche Umstände ihn zwangen, einen neuen Platz zu suchen. Alle Türen in Südafrika blieben verschlossen. Da bat ihn eine Gruppe Deutscher nach Namibia zu kommen. Dort blüht die Arbeit unter den deutschen Siedlern auf. Robert aber bekam dorthin die Kündigung, da seine Mission nicht in Namibia arbeiten will....

Selbst arbeitete ich unter Samen in Nordschweden. Als eine meiner Schwestern schwer erkrankte baten mich meine Eltern heim zu kommen. Ich trage es der Leitung und der Gemeinde nicht nach: sie ließen mich fallen wie ne heiße Grumbeere. Ja, ich durfte noch die schönsten Schauermärchen über mich und meine Arbeit hören... Man hatte wohl etliches erfunden um die eigene Handlungsweise zu rechtfertigen. Es war wohl eine sehr schwierige Zeit für mich. Aber meine Vorgesetzten waren ja alles Leute, die von Pionierarbeit keine Ahnung hatten und daher so handelten, wie sie es für richtig hielten. Wenn mich jene Leute auch längst in den erzwungenen "Ruhestand" schickten, bei Vater bin ich nicht in Rente...

Damals hieß es: wer zahlt befiehlt. Gut, ich war viele Jahre danach selbständig und Gott trägt mich durch. Solange er für mich sorgt bin ich auch ihm und nicht den Menschen verpflichtet. Das gilt für meine ganz persönliche Situation. Aber meine Berufung habe ich immer noch und ich lebe sie eben hier aus.

Willy

 

Antworten Zuletzt bearbeitet am 31.01.2015 07:50.

Rapp
Gelöschter Benutzer

Re: Der vergessene Missionar

von Rapp am 03.02.2015 16:35

Es gibt aber noch ne andere Seite der Medaille: jeder von uns hörte schon was von Kulturschock. Theoretisch ist das ganz gut zu erfassen, praktisch aber sehr schwer zu erleben. Nachdem sie einige Missionare zurückholen musste weil sie mit diesem Schock nicht  klar kamen, hat eine Missionsgesellschaft eine Station für Missionare in der Anfangsphase ihres Dienstes eingerichtet. Hier können sich Neue mit der fremden Kultur praktisch auseinandersetzen ohne gleich Verantwortung übernehmen zu müssen. Hier sind auch immer erfahrene Missionare zugegen, die notfalls auch einem Kandidaten die rechtzeitige Heimkehr nahe legen können. Ich selbst erlebte es wie schwierig so ein Schock zu verarbeiten ist, wenn niemand Verständnis dafür aufbringt. Zwar der Schock, den ich bei meiner Rückkehr erlebte, war noch schlimmer als der erste... Das nenne ich Heimkehr in die Fremde!

Das ist eben ein Teil der auch zum Leben des Missionaren gehört, der aber meist übersehen wird.

Eine ganz kleine Kostprobe zum Thema Kulturunterschiede: Lothar, damals 19, kam von einem Sprachaufenthalt in England nach Hause. Da er ne Stunde eher als geplant ankam wollte er seine Eltern anrufen. Er suchte also ne Telefonzelle und fragte schließlich jemanden. Die Antwort war niederschmetternd: Augen auf, Junge, du stehst davor!! Lothars Kommentar: ich suchte nach dem roten Häuschen...

Kleine Ursachen - große Wirkung: In Genf sah Lothar an einer Hausfassade den Davidsstern. Aus Neugierde betrat er diese Synagoge und zog, anständig wie er war, seine Mütze ab. Ein komplett schwarz gekleideter Herr mit Krempenhut trat zu ihm hin und zischte: Mütze auf, oder verschwinde! Lothar: Ich tat sofort beides, setzte die Mütze auf und eilte hinaus!!

Das liest sich ja fröhlich, kann aber auf dem Missionsfeld zur täglichen Belastung werden, was schon vielen Missionaren zum Verhängnis wurde. So schnell zweifle ich also die Berufung nicht an. Es kann an uns liegen: der Mann wurde zu wenig vorbereitet oder wir tragen ihn zu wenig im Gebet...

Willy

 

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