Vom verlorenen Schaf

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synnie
Gelöschter Benutzer

Vom verlorenen Schaf

von synnie am 05.05.2014 12:25

Vom verlorenen Schaf


Ich bin schon manchmal so ein Schaf.

Das Gras auf der anderen Seite des Zauns scheint immer grüner zu sein als das, wo ich gerade lebe. Und überhaupt ist es da draußen doch viel spannender als in dieser langweiligen Gegend, wo uns unser Hirte immer hin führt.

Ja, eigentlich fehlt mir nichts. Ich habe alles, was ich brauche.

Aber ich will was erleben. Ich will wissen, was sich hinter dem Hügel dort verbirgt. Es macht mich neugierig, was das da hinten für ein Strauch ist. Die roten Beeren sehen verlockend aus. Und dieser Berg, den ich am Horizont sehe, was mag da wohl für eine Aussicht sein.

Ja, ich will endlich was erleben.

Ich schaue mich verstohlen um und in einem Augenblick, als unser Hirte gerade mit einem anderen Schaf beschäftigt ist, schlüpfe ich an einer unauffälligen Stelle durch den Zaun. Und ich mache mich auf dem Weg. Zuerst probiere ich das herrlich grüne Gras. Dann laufe ich mutig weiter. Die Angst, die sich breit machen will, so ganz ohne meinen Hirten, verdränge ich erfolgreich. Es wartet schließlich ein herrliches Abenteuer auf mich. Die anderen Schafe werden sicher blass vor Neid, wenn ich ihnen von meinen Abenteuern erzähle.

Ich laufe und laufe, schaue von jedem Hügel hinunter, untersuche jeden Strauch, probiere auch von Pflanzen, die mir fremd sind. Das Zwicken im Bauch nehme ich nicht so ernst. Schließlich erlebe ich ja ein tolles Abenteuer. Da gehören Bauchschmerzen eben dazu.

So langsam wird es dunkel und ich beschließe, wieder nach Hause zu gehen. Die anderen Schafe werden Augen machen, wenn ich ihnen erzähle, was ich alles gesehen und erlebt habe. Hoffentlich sind die Bauchschmerzen wieder weg, bis ich zuhause bin. Soll ja keiner mitkriegen, dass doch nicht alles so toll war.


Wo geht es auch noch lang? Habe ich drei oder vier Hügel überquert? Wo musste ich auch noch abbiegen? Ich hätte die Sträucher zählen sollen, an denen ich vorbeigegangen bin.

Oh Mann, ich habe mich doch tatsächlich in meiner Abenteuerlust verlaufen. Hab einfach nicht mehr auf meinen Weg geachtet. Die Geräusche im Dunkeln machen mir nun große Angst. Was, wenn ich nie mehr nach Hause finde? Was, wenn ein Tier kommt und mich anfällt? Meine Mitschafe werden sich über mich dummes Schaf lustig machen. Ach, wäre ich doch nur bei meinem Hirten geblieben. Und die Bauchschmerzen quälen mich immer mehr.

Ich verkrieche mich hinter einem Strauch, in der Hoffnung, dort genug Schutz für die Nacht zu finden. Aber ich muss zugeben, viel Hoffnung habe ich nicht mehr, meine Herde wiederzufinden. Ob meine Mitschafe mich wohl vermissen? Ob mein Hirte mich wohl vermisst? Ach, warum sollte er sich schon um so ein dummes Schaf wie mich Gedanken machen. Ich bin doch selber Schuld, dass ich in diese missliche Lage geraten bin. Warum nur habe ich auch geglaubt, dass woanders das wahre Leben auf mich wartet? Ich erkenne, dass das wahre Leben nur in der Nähe meines Hirten ist. Er weiß, wo die besten Weideplätze sind, er sorgt dafür, dass es uns an nichts mangelt. Er passt auf, dass wir nichts Falsches fressen. Und durch den Zaun sind wir auch vor Angreifern geschützt.

Warum nur habe ich das immer als Einengung empfunden?

Habe ich noch eine Chance, nach Hause zu finden? Mein Zuhause, bei meinem Hirten?

Ich fühle mich immer schwächer. Mein Bauch tut weh und meine Hoffnung schwindet immer mehr. Aber dann greift plötzlich jemand nach mir. Ich will schreien. Doch dann blicke ich in die Augen meines Hirten. Er hat doch tatsächlich nach mir gesucht. Die ganze Nacht hat er sich um die Ohren geschlagen, weil er mich bei sich haben wollte. Erleichtert lege ich meinen Kopf an seine Schulter und lasse mich nach Hause tragen. Dort kümmert er sich um mich und nach einiger Zeit verschwinden auch die Bauchschmerzen wieder.

Mein Hirte. Er hat mich wieder angenommen. Ich war ihm nicht egal. Er liebt mich.

Wie dankbar bin ich, dass ich zu seiner Herde gehören darf.

 

© synnie

Antworten Zuletzt bearbeitet am 05.05.2014 12:27.

Christof
Gelöschter Benutzer

Re: Vom verlorenen Schaf

von Christof am 05.05.2014 13:48

Liebe Synnie,

schöne Geschichte. Es ist doch einfach wunderbar und tröstend, dass unser Hirte uns nicht aufgibt; auch wenn wir mal in die Irre gehen. Er holt uns zurück. Gott ist treu.

In Liebe
Christof

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tefila
Gelöschter Benutzer

Re: Vom verlorenen Schaf

von tefila am 05.05.2014 17:00

Liebe synnie,

oh, was für eine schöne Geschichte.

Wir hatten das Thema Lamm, Schafe, Hirte, Jesus und Petrus vor kurzem im Bibelkreis und das zusammengefunden -  du weißt vielleicht, dass ich eher der r trockene Bibeltalker bin, daher hänge ich das mal hier dran:


Jesus gibt Petrus das Hirtenamt. Er unterscheidet hier zwischen 2 Hirtenaufgaben:

 

Die Lämmer zu weiden.

Das griech. Wort für „weiden" (="bosko") bedeutet hier eher: Nahrung geben. (Lämmer sollen ja gedeihen)

Die Schafe zu hüten (und zu weiden).

Das griech. Wort für „hüten" (="poimaino") beinhaltet die ganze Hirtenaufgabe: Führen, bewachen, beschützen, Fürsorge, leiten zum Futter, verlorene Schafe wiederzuholen und ggf zu tragen (Lk. 15,4-6).

Da habe ich mir gedacht, ob wir in den beiden Petrusbriefen vielleicht sehen können, wie Petrus sein Hirtenamt ausführt? 

 

Psalm 23 zeigt uns Jesus als guten Hirten.

So ist es schon bei Jesaja 40,11 prophetisch angekündigt. Wir sehen hier, dass Jesus Gott ist, denn es heißt, dass Gott seine Herde weiden wird. 

Jes. 40,11: Gott wird seine Herde weiden wie ein Horte. Er wird Lämmer in seinem Arm sammeln und im Bauch seines Gewandes tragen (Eine wunderschöne Zusage für die noch kleinen Schafe). Die Mutterschafe wird er führen.

Ps. 95,7: Er ist unser Gott und wir das Volk seiner Weide und Schafe seiner Hand

Joh. 10,11:Jesus sagt: ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.

 

Menschen ohne Jesus sind wie Schafe, die keinen Hirten haben und ziellos in der Welt umherirren.

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synnie
Gelöschter Benutzer

Re: Vom verlorenen Schaf

von synnie am 07.05.2014 19:48

Vielen Dank ihr Lieben.

Ich schrieb die Geschichte für einen Gottesdienst bei uns wo es um das Thema vom verlorenen Schaf ging. Dier Gottesdienst wurde vom Kirchenvorstand gestaltet und mein Mann fragte mich, ob ich da was schreiben könnte. So ist dann diese Geschichte entstanden.

Liebe tefila, ich hatte keine Ahnung, wie du bist. Aber nun weiß ich, dass du wohl ein trockener Bibeltalker bist.
Da habt ihr ja gut was zusammengetragen zu dem Thema. Danke, dass du es hier mitgeteilt hast.

Menschen ohne Jesus sind wie Schafe, die keinen Hirten haben und ziellos in der Welt umherirren.

Ja, das ist wohl war.

Christof, ich freue mich, dass auch dir meine Geschichte gefällt. Als ich anfing zu schreiben, da wusste ich noch gar nicht, was ich überhaupt schreiben könnte. Nur halt was zum Thema. Und plötzlich war ich selber das Schaf und hab einfach aus dem Herzen heraus geschrieben.

Ganz liebe Grüße von
synnie

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