Impulse

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nusskeks

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Re: Impulse

von nusskeks am 28.10.2025 07:36

Jesus - das Licht der Welt
Joh 8,12–20

Im Tempel von Jerusalem, dort, wo während des Laubhüttenfestes die großen Leuchter den Himmel erhellten, spricht Jesus: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis wandeln, sondern das Licht des Lebens haben." (Joh 8,12) Diese Worte treffen mitten ins Herz der Feier, denn das Fest erinnert an die Licht- und Wasserwunder der Wüstenzeit, an Gottes sichtbare Gegenwart in der Wolkensäule und an seine Versorgung. Genau in diesem Moment stellt Jesus sich selbst als dieses göttliche Licht vor. Das ist kein poetisches Bild, sondern ein Anspruch: Gott selbst ist im Sohn gegenwärtig.

Die Pharisäer reagieren mit scharfem Einwand: „Du gibst Zeugnis von dir selbst; dein Zeugnis ist nicht wahr." (V.13) Sie berufen sich auf das mosaische Gesetz, das fordert, dass jede Sache durch zwei oder drei Zeugen bestätigt wird (5. Mose 19,15). Nach menschlicher Logik haben sie recht: Niemand darf sich selbst bestätigen. Doch Jesus antwortet anders, als sie erwarten. Er sagt: „Auch wenn ich von mir selbst zeuge, ist mein Zeugnis wahr, denn ich weiß, woher ich gekommen bin und wohin ich gehe." (V.14) Er macht deutlich, dass Wahrheit nicht von Zustimmung abhängt, sondern von Ursprung. Er spricht aus göttlicher Autorität, aus der Einheit mit dem Vater.

Zugleich gibt Jesus seinen Gegnern keine Flucht in das Unüberprüfbare. Seine Behauptung lässt sich prüfen, und zwar auf mehreren Ebenen. Der Vater bezeugt ihn sichtbar und hörbar. Seine Werke belegen seine Sendung – Heilungen, Speisungswunder, die Auferweckung des Lazarus, alles öffentlich geschehen und von vielen bezeugt. „Die Werke, die mir der Vater gegeben hat, die zeugen von mir", hatte er bereits gesagt (Joh 5,36). Auch Johannes der Täufer, den das Volk als Propheten anerkannte, hatte klar bezeugt, dass Jesus der Sohn Gottes ist (Joh 1,34). Und schließlich hatte der Vater selbst gesprochen – bei der Taufe: „Dies ist mein geliebter Sohn", und später wieder im Tempel: „Ich habe ihn verherrlicht und will ihn abermals verherrlichen." (Joh 12,28).

Doch der vielleicht tiefste Beweis liegt in der Schrift selbst. Jesus sagt in Joh 5,39: „Ihr erforscht die Schriften ... sie sind es, die von mir zeugen." Das Alte Testament nennt seinen Namen nicht, aber es zeichnet sein Bild: In den Opfern spricht es von seinem stellvertretenden Tod. In den Psalmen leuchtet seine Leidenserfahrung auf (Ps 22; 69). In Jesaja 53 kündigt der Prophet den leidenden Knecht an, der die Schuld vieler trägt. In Mose, der die Schlange in der Wüste erhöht (4. Mose 21,9), liegt ein Vorbild auf den, der erhöht werden sollte, um Heil zu bringen (Joh 3,14). Und in den Festen Israels, besonders in Passah und Sukkot, wird die zukünftige Erlösung vorgezeichnet, die in ihm Wirklichkeit wird. Wer die Schrift mit offenen Augen liest, erkennt in ihr ein zusammenhängendes Zeugnis über den kommenden Messias – und dieser ist Jesus.

Jesu Antwort ist also keineswegs ausweichend, sondern präzise. Er greift den Maßstab seiner Gegner auf – das Zwei-Zeugen-Gesetz – und zeigt, dass es längst erfüllt ist. „Ich bin's, der von sich selbst zeugt; und der Vater, der mich gesandt hat, zeugt auch von mir." (Joh 8,18). Der zweite Zeuge ist kein Mensch, sondern Gott selbst. Seine Werke, seine Stimme, sein Wort in den Schriften – alles spricht für den Sohn.

Die Pharisäer hätten das erkennen können. Sie waren Augenzeugen der Zeichen, sie kannten die Schriften und sie hatten das Zeugnis Johannes' gehört. Ihre Ablehnung war keine Frage des Wissens, sondern des Willens. „Ihr richtet nach dem Fleisch", sagt Jesus (V.15) – ihr beurteilt mit menschlichem Maß und verschließt euch dem Licht, das vor euch steht.

Für uns heute liegt darin eine ernste Einladung. Wer Jesus prüfen will, soll es tun – ehrlich, offen, ohne Vorurteil. Seine Herkunft, seine Werke, das Zeugnis der Schrift und die Stimme des Vaters ergeben ein klares Bild. Jesu Antwort hält stand – nicht, weil er sich geschickt verteidigt, sondern weil sie aus der Wahrheit selbst stammt. Wer sich nicht willentlich gegen dieses Licht wehrt, wird erkennen, dass es trägt: „Wer mir nachfolgt, wird das Licht des Lebens haben."

Hoditai, Mensch des Weges 
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Re: Impulse

von nusskeks am 23.10.2025 16:33

Der Messias am Laubhüttenfest
Johannes 7,40–52


Jerusalem ist voller Pilger. Es ist Sukkot – das Laubhüttenfest. Eine Woche lang wohnen die Juden in kleinen Hütten aus Zweigen und erinnern sich daran, wie Gott ihr Volk einst in der Wüste führte und versorgte. Zugleich blicken sie nach vorn auf die Zeit, in der der HERR König über die ganze Erde sein wird, lebendiges Wasser aus Jerusalem fließt und die Nationen Sukkot feiern (Sach 14,8–9.16–19); Sach 2,5.10–11 spricht ergänzend vom Wohnen/Herrlichkeit Gottes inmitten Zions.

An jedem Morgen dieses Festes holten Priester Wasser aus dem Teich Siloah und gossen es unter Gesang am Altar aus. Dieses Wasser stand für Gottes lebensspendenden Segen, für den Heiligen Geist, der eines Tages neu ausgegossen werden sollte. In der Nacht wurde der Tempelhof mit riesigen Leuchtern erhellt, und tanzende Priester hielten brennende Fackeln hoch – ein Bild für das Licht der Gegenwart Gottes, das über Israel scheinen sollte. Sukkot war also ein Fest voller Sehnsucht: Wasser und Licht, Leben und Herrlichkeit.

Genau in diesen Moment hinein ruft Jesus mit lauter Stimme:

Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke!" (Joh 7,37)

Er erklärt damit: Ich bin die Quelle, nach der ihr sucht. Nicht nur ein Lehrer, sondern der, in dem sich Gottes Gegenwart erfüllt. Kurz darauf (Joh 8,12) wird er sagen: „Ich bin das Licht der Welt." Beide Bilder – Wasser und Licht – gehören zu Sukkot und machen seine Worte zu einem direkten Anspruch auf die messianische Rolle.

Darum ist das Volk so aufgewühlt. Die einen rufen: „Das ist wahrhaftig der Prophet!" (vgl. 5. Mose 18,15). Andere sagen: „Er ist der Christus!" Wieder andere lehnen ihn ab, weil sie glauben, er stamme aus Galiläa und nicht aus Bethlehem, wie die Schrift es über den Messias sagt. Sie wissen nicht, dass Jesus tatsächlich in Bethlehem geboren wurde. Es ist ein Streit um Identität, aber auch ein Spiegel unserer eigenen Herzen: Viele reden über Jesus, ohne ihn wirklich zu kennen.

Die Tempeldiener, die ihn verhaften sollen, kommen ohne ihn zurück. „Noch nie hat ein Mensch so gesprochen.", sagen sie. Doch die religiösen Führer reagieren ablehnend: „Nur das Volk tut's, das nichts vom Gesetz weiß; verflucht ist es." Der Glaube der Einfältigen gilt ihnen nichts. Aber Gott schaut nicht auf Bildung, sondern auf das Herz. Nikodemus, ein Ratsmitglied, wagt leise Widerspruch: „Richtet denn unser Gesetz einen Menschen, ehe man ihn angehört und erkannt hat, was er tut?" Er erinnert daran, dass man Jesus erst hören muss (5Mose 1,16), bevor man urteilt – ein Schritt, der Mut braucht.

So zeigt dieser Abschnitt: Die größte Entscheidung des Lebens fällt nicht in theologischen Debatten, sondern im persönlichen Hören auf Jesus. Er lädt noch immer: „Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke!" Der Durst kann vieles sein – nach Sinn, nach Vergebung, nach Frieden. Wer zu ihm kommt, findet mehr als religiöse Riten: Er findet das lebendige Wasser, den Geist, der das Herz erneuert, und das Licht, das jede Dunkelheit vertreibt.

Sukkot erinnert daran, dass Gott bei seinem Volk wohnen will. In Jesus erfüllt sich genau das: Gott wohnt unter uns – nicht in einer Laubhütte, sondern in einem menschlichen Herzen, das ihm glaubt.

Hoditai, Mensch des Weges 
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Re: Impulse

von nusskeks am 21.10.2025 11:50

Gottes Zeit, Gottes Weg
Johannes 7,1–13

Galiläa bleibt Jesu Rückzugsort, Judäa gefährlich – „die Ἰουδαῖοι" (oft: die führenden Kreise in Judäa) suchen ihn zu töten. Vor diesem Hintergrund fordern ihn seine leiblichen Brüder heraus: „Zeig dich der Welt!" (vgl. Joh 7,3–4). Sie haben gesehen – und doch nicht geglaubt (7,5). Ihre Logik ist menschlich: Sichtbarkeit schafft Anerkennung. Jesu Antwort ist göttlich: „Meine Zeit (καιρός) ist noch nicht da; eure Zeit ist immer bereit" (7,6). Nicht der Druck der Menge, nicht familiäre Erwartungen, nicht religiöse Kalender bestimmen Jesu Schritte, sondern der Vater.

Jerusalem – an der Grenze Juda/Benjamin gelegen und Sitz des Tempels – füllt sich zum Laubhüttenfest (סֻכּוֹת, Sukkot). Sukkot erinnert an provisorische Hütten (סֻכּוֹת, Sukkah) in der Wüste: vergänglicher Schutz, totale Abhängigkeit. Zugleich dankt Israel für die Ernte und bittet um Regen. In der Tempelzeit trug man Wasser aus dem Siloah zum Altar; nachts erleuchteten große Leuchter die Höfe – ein Fest von Wasser und Licht. Genau in diesen Rahmen wird Jesus später hineinsprechen (7,37–39; 8,12). Doch hier, in 7,1–13, geht er „nicht offen (ἐν παρρησίᾳ) sondern wie im Verborgenen" (7,10) hinauf: kein Spektakel, nur gehorsamer Schritt in den Willen Gottes.

Drei Linien treffen sich:

1. Nähe ohne Glauben rettet nicht. Seine Brüder stehen Jesus leiblich nahe, geistlich fern. Der Weg vom Sehen zum Glauben ist kein Automatismus. Später werden einige von ihnen glauben – aber erst nach Begegnung mit dem Auferstandenen.

2. Gottes Zeit ist heilig. Καιρός (kairos) ist nicht bloß Termin, sondern vom Vater gesetztes Zeitfenster. Jesu Verweilen in Galiläa und sein stilles Hinaufziehen zum Fest zeigen: Gehorsam ist wichtiger als Sichtbarkeit. Nicht jede „gute Gelegenheit" ist Gottes Stunde.

3. Sukkot lehrt Vertrauen. In der Sukkah verzichtet man auf festes Dach, um unter Gottes Schirm zu wohnen. So verweigert Jesus die falsche Sicherheit öffentlicher Show und bleibt im Schutz des Willens des Vaters.

Für uns:
-> Lass dich nicht durch Erwartungen (Familie, Öffentlichkeit, Gemeinde) treiben. Frage nach Gottes καιρός. Manchmal heißt das: warten; manchmal: leise gehen.
-> Verwechsele Erfolg nicht mit Sendung. Die Welt ruft: „Zeig dich!" – Jesus ruft: „Folge mir."
-> Lebe Sukkot-artig: dankbar, schlicht, gastfreundlich – bewusst provisorisch, denn unsere feste Wohnung ist bei Gott.
-> Bete um Herzen, die glauben, nicht um Augen, die nur sehen. Nähe zum Heiligen genügt nicht; Vertrauen auf den Heiligen rettet.

So führt Johannes uns hinein in Jesu Weg: keine Glanzparade, sondern die stille Königsherrschaft des Vaters – Schritt für Schritt, in Gottes Zeit.

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Re: Impulse

von nusskeks am 18.10.2025 09:45

Gedanken zu Johannes 6,60

Viele nun von seinen Jüngern, die das hörten, sprachen: Das ist eine harte Rede! Wer kann sie hören?"

Das griechische Wort, das Johannes hier für „hart" gebraucht, lautet σκληρός (sklērós). Es bedeutet nicht bloß „streng" oder „unfreundlich", sondern wörtlich: rau, unnachgiebig, schwer zu ertragen. Eine „σκληρός λόγος" – ein harter Ausspruch – ist also etwas, das sich dem Hörer nicht anpasst, sondern gegen ihn steht, weil es seine Denkweise und sein Herz herausfordert.

Was macht die Rede Jesu in Johannes 6 so „hart"? Zunächst einmal, dass Jesus sich selbst als das Brot des Lebens bezeichnet – nicht als Lehrer, nicht als Wundertäter, sondern als Quelle allen Lebens. Er sagt nicht: „Ich zeige euch den Weg zum Leben", sondern: „Ich bin das Leben." Für jüdische Hörer, die gerade das Passahbrot und das Manna der Väter im Sinn hatten, war das eine ungeheuerliche Aussage. Wer so spricht, beansprucht Göttlichkeit.

Dann spricht Jesus vom Essen seines Fleisches und Trinken seines Blutes. Das war für Juden, die das Blutverbot der Tora kannten, empörend. Aber Jesus meint nicht Kannibalismus – er verwendet Bilder des Opfers und des Bundesmahls. Er redet davon, dass wahres Leben nur durch die persönliche Aneignung seines Opfers entsteht. „Essen" und „trinken" bedeuten: annehmen, sich einverleiben, glauben. Wer an Jesus glaubt, lebt aus seinem stellvertretenden Tod. Doch das ist keine symbolische Nettigkeit, sondern eine Zumutung: Es gibt keinen anderen Weg zum Leben als ihn.

Hinzu kommt die zweite Härte: Jesus macht deutlich, dass der Glaube selbst ein Werk Gottes ist. Niemand könne zu ihm kommen, „es sei denn, der Vater zieht ihn". Damit nimmt er dem Menschen jedes religiöse Eigenrecht. Es genügt nicht, sich für fromm zu halten oder Jesus interessant zu finden – Gott selbst muss das Herz ziehen. Diese Aussage kratzt an menschlichem Stolz und Selbstvertrauen.

Und schließlich stößt Jesu Rede an, weil sie alles auf seine Person konzentriert. Nicht auf den Tempel, nicht auf das Gesetz, nicht auf Wunder, sondern auf ihn selbst. Er ruft nicht zu mehr Taten, sondern zu radikalem Vertrauen. Das ist für viele zu viel. Sie wollten Brot, nicht ein Kreuz; Zeichen, nicht Glauben; Erleichterung, nicht Erneuerung.

Darum ist die Rede „hart" – weil sie uns zwingt, uns zu entscheiden. Sie zerbricht alle Illusion, man könne Gott begegnen und doch unabhängig bleiben. Sie legt offen, ob wir bereit sind, uns von ihm nähren zu lassen, statt uns selbst zu versorgen.

Doch Jesus erklärt am Ende: „Die Worte, die ich zu euch rede, sind Geist und Leben" (V. 63). Was hart scheint, ist in Wahrheit heilend. Gottes Wort bleibt „sklērós" für den alten Menschen – aber wer sich beugt, wer glaubt, entdeckt darin das Brot des Lebens. Die Härte liegt nicht in der Grausamkeit Jesu, sondern in der Klarheit seiner Wahrheit. Sie will uns nicht brechen, sondern neu machen.

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Re: Impulse

von nusskeks am 04.10.2025 18:27

Der folgende Text basiert auf den Inhalten einer Video-Reihe die auf YouTube zu finden ist. Es ist die Reihe "Yeshua In The Rabbinic Text" des Kanals der ONE FOR ISRAEL Ministry. Mich interessiert der Themenbereich sehr und vielleicht ist auch für euch etwas interessantes dabei.
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Vom Schatten zum Angesicht: Der Messias im Licht der Schrift

Die Bibel zeichnet kein flaches Porträt des Messias, sondern ein Mosaik aus Licht und Schatten. Von den ersten Seiten an blitzen Linien auf, die später zusammenlaufen: Demut und Herrlichkeit, Leiden und Krone, Erde und Ewigkeit.

Bethlehem und Ewigkeit. Micha 5,1–2 verankert den מָשִׁיחַ (Mašiach) historisch – „aus Bethlehem" – und zugleich trans-historisch: „seine Ursprünge sind von alters her, von den Tagen der Ewigkeit" (מוֹצָאָיו מִקֶּדֶם מִימֵי עוֹלָם, môṣāʾāw miqqedem, mîmê ʿôlām). Das Neue Testament greift diese Tiefe auf: „Im Anfang war das Wort" (λόγος, lógos; Joh 1,1). Der, der kommt, ist kein zufälliger Reformator – er ist der Ewige, der in die Zeit eintritt.

Licht in der Finsternis. Noch bevor Sonne und Mond erscheinen, spricht Gott: „Es werde Licht!" (Gen 1,3). Später sagt Jesus: „Ich bin das Licht der Welt" (Joh 8,12). Zwischen Schöpfungslicht und Christuslicht spannt sich ein heilsgeschichtlicher Bogen: Gottes Licht ist nicht nur Kosmos-Physik, sondern Bundes-Theologie – Orientierung für Gewissen, Weg und Hoffnung. Wer ihm nachfolgt, „wird das Licht des Lebens haben".

Demut und Majestät. Sacharja 9,9 malt den König „arm und reitend auf einem Esel". Daniel 7,13–14 zeigt den „Menschensohn", der „mit den Wolken des Himmels" kommt und alle Nationen empfängt. Kein Widerspruch – ein Messias in zwei Auftritten: zuerst verborgen in der Niedrigkeit, dann offenbart in unüberbietbarer Herrlichkeit. Wer das übersieht, stolpert; wer beides hält, sieht den Faden Gottes durch die Geschichte.

Das leidende Herz Gottes. Jesaja 53 beschreibt den Knecht, der „unsere Krankheit" trägt. Das hebräische Wort נֶגַע (negaʿ, „Schlag/Plage") erinnert: Sünde ist nicht harmlos; sie trifft, verletzt, trennt. Und doch trifft der Schlag den Unschuldigen – „für uns". In Christus begegnen sich Gerechtigkeit und Erbarmen: Der Richter trägt die Strafe, damit Schuldige gerecht gesprochen werden (Röm 3,26; 1Petr 2,24).

Passah und Durchzug. Von Ägypten bis Golgatha bleibt Gottes Muster erkennbar: Befreiung durch ein stellvertretendes Opfer. „Unser Passahlamm ist Christus, geschlachtet für uns" (1Kor 5,7). Der Vorhang im Tempel zerreißt (Mt 27,51) – Gott öffnet den Weg. Wer unter seinem Blut steht, geht durch das Gericht hindurch ins Leben.

Was heißt das für uns – heute?

1. Anbetende Nüchternheit. Wir beten einen Messias an, der zuerst das Kreuz wählte. Darum erwarten wir Herrlichkeit, ohne das Kreuz zu umgehen. Jüngerschaft folgt dem Muster des Herrn: erst Treue unter Last, dann Trost in Herrlichkeit (Röm 8,17).

2. Zeugnishaftes Gespräch. Die Schrift selbst ist unsere Norm – und sie ist reich genug, Brücken zu schlagen. Zeige, wie die Linien zusammenlaufen: Bethlehem und Ewigkeit, Knecht und König, Passah und Kreuz. Menschen hören eher zu, wenn sie sehen, dass die Bibel als Ganzes spricht.

3. Wachende Hoffnung. Wir leben zwischen den Kommen: gerettet durch sein erstes, ausgerichtet auf sein zweites. Darum „richten wir unsere Augen auf Jesus" (Hebr 12,2) – in der Dunkelheit als Licht, im Leiden als Trost, in der Ungewissheit als König, der kommt.

Vom Schatten zum Angesicht – so führt Gott. Wer dem Messias begegnet, verlässt die Dämmerung: Er geht im Licht, bis der König in Herrlichkeit erscheint.




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Re: Impulse

von nusskeks am 24.09.2025 18:48

Beten, wie Kinder vor ihrem Vater

Matth. 6,5-15

Jesus spricht das Thema Gebet so an, weil es im Judentum seiner Zeit allgegenwärtig und hochreguliert war. Es gab vorgeschriebene Zeiten, feste Gebetsformeln und viel Wert auf äußere Form. Manche nutzten das Gebet, um Frömmigkeit zu zeigen, andere verließen sich auf endlose Wiederholungen. In diesem Umfeld rückt Jesus das Herzstück ins Zentrum: Gebet ist Begegnung mit dem Vater, nicht Bühne vor Menschen.

Darum stellt er zwei Kontraste auf:

-> Nicht wie die Heuchler (ὑποκριταί), die beten, um gesehen zu werden. Das „Kämmerlein" (ταμεῖον) steht für die Abgeschlossenheit des Herzens, wo nur Gott und ich anwesend sind.
-> Nicht wie die Heiden, die Gott mit leeren Formeln zu beeindrucken meinen. Das griechische Wort βατταλογέω beschreibt sinnloses Plappern. Jesus betont: „Euer Vater weiß, was ihr braucht, ehe ihr ihn bittet."

Dann gibt er ein Muster – nicht als starres Formular, sondern als Ordnung:

1. Unser Vater im Himmel – das Gebet beginnt mit Beziehung. Gott ist nicht fern, sondern Vater, doch „im Himmel" macht deutlich: Er ist zugleich erhaben.
2. Geheiligt werde dein Name – zuerst Gottes Ehre, nicht meine Anliegen.
3. Dein Reich komme, dein Wille geschehe – Bitten um das Durchsetzen von Gottes Plan auf Erden.
4. Unser tägliches Brot gib uns heute – Vertrauen auf seine Versorgung in ganz praktischen Dingen.
5. Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben – das Gebet fordert uns zur Vergebung heraus. Ein unversöhntes Herz blockiert die Gemeinschaft mit Gott.
6. Führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns vom Bösen – Bitte um Bewahrung im geistlichen Kampf.
7. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit – das Gebet endet mit Lobpreis. Wie in jüdischen Gebeten üblich, mündet alles in Gottes Herrlichkeit.

Jesus sprach diese Worte so, weil seine Hörer Gefahr liefen, Gebet entweder zur Schau zu stellen oder mechanisch herunterzuleiern. Er wollte sie zurückführen zum Kern: ein Herz, das Gott sucht, das zuerst seine Ehre im Blick hat, das für sein Reich bittet, dann für den eigenen Alltag, für Vergebung und Schutz – und schließlich im Lob endet.

Für uns heute bedeutet das: Gebet ist keine Leistung, die Eindruck machen soll – weder auf andere, noch auf Gott. Es ist auch kein Ritual, das wir „abarbeiten". Es ist das Gespräch mit unserem Vater. Wir dürfen ehrlich sein, schlicht, ohne Masken, mit kindlichem Vertrauen. Und wir lernen, unsere Perspektive zu verschieben: weg von uns, hin zu ihm.

So wird das Vaterunser zum Kompass für jedes Gebet: Beginne mit Gott, bring deine Anliegen, lass dich prüfen in der Vergebung – und ende im Lob. Dann wird unser Beten frei, echt und lebendig.

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Re: Impulse

von nusskeks am 19.09.2025 09:38

Im Verborgenen gesehen

Matth. 6, 1-4

Jesus spricht hier von einer sehr sensiblen Sache: dem Geben. Schon im Judentum seiner Zeit galt Almosengeben, zedakah, nicht nur als Mildtätigkeit, sondern als ein zentraler Ausdruck von Gerechtigkeit. Wer gab, erfüllte ein Gebot Gottes. Doch wie so oft, wenn eine Sache hoch angesehen ist, schlich sich eine Gefahr ein: Man konnte das Richtige aus dem falschen Motiv tun.

Darum sagt Jesus: „Habt aber acht, dass ihr eure Gerechtigkeit nicht übt vor den Leuten, um von ihnen gesehen zu werden;" (Mt 6,1). Er gebraucht das Wort „Gerechtigkeit" (dikaiosynē), das im jüdischen Denken eng mit Werken wie Almosen, Gebet und Fasten verbunden war. Diese Werke waren nicht falsch. Aber die Frage war: Für wen tue ich sie? Für Gott – oder für mein eigenes Ansehen?

Zur Zeit Jesu war es nicht unüblich, Spenden auffällig zu geben. Im Tempel gab es 13 große Sammelkästen mit trichterförmigen Öffnungen, die wie Trompeten geformt waren. Wenn jemand viel hineingoss, konnte man es weithin hören. Dazu passt Jesu Bild: „Wenn du nun Almosen gibst, sollst du es nicht vor dir ausposaunen" (V. 2). Er verurteilt nicht das Geben, sondern das Zur-Schau-Stellen. Wer so handelt, hat seinen „Lohn" schon erhalten: Menschenlob – aber keinen Lohn vom Vater.

Jesus zeigt einen anderen Weg: „Wenn du aber Almosen gibst, so lass deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut" (V. 3). Das ist bildhafte Sprache für eine Diskretion, die so weit geht, dass selbst der Spender nicht damit hausieren geht – nicht nach außen, nicht nach innen. So bleibt das Geben ein Akt zwischen Gott und dem Herzen.

„...dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir's vergelten" (V. 4). Das ist das Zentrum: Gott sieht, auch wenn kein Mensch sieht. Er sieht die Tat, aber mehr noch das Herz. Der wahre Lohn ist nicht Applaus, sondern seine Anerkennung – und die ist ewig.

Für uns heute bedeutet das: Es geht nicht um eine äußerliche Regel, nie sichtbar zu geben. Auch im Neuen Testament werden Spenden manchmal öffentlich erwähnt (z. B. Barnabas in Apg 4,36–37). Entscheidend bleibt das Motiv: Will ich Gott ehren – oder mich selbst?

Im Kontext wird hier deutlich, wie Jesus die Praxis seiner Zeit nicht abschafft, sondern zurückführt auf den Ursprung: Die Tora fordert Almosen, die Propheten mahnen zur Barmherzigkeit – doch alles sollte aus einem Herz geschehen, das Gott kennt. Nicht äußerliche Show, sondern gelebte Gerechtigkeit.

So sind wir eingeladen, zu geben wie Kinder ihres Vaters: im Stillen, mit Freude, ohne Berechnung. Und zu vertrauen, dass Gott sieht. Denn am Ende ist nicht entscheidend, was Menschen von mir denken – sondern dass mein Vater im Himmel Freude an meinem Herzen hat.

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Re: Impulse

von nusskeks am 16.09.2025 09:09

Liebe ohne Grenzen
Matthäus 5,43-48 

„Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen" (Mt 5,43). Der erste Teil stammt direkt aus der Tora (Lev 19,18). Doch der zweite Teil – „deinen Feind hassen" – findet sich dort nicht. Er war eine menschliche Zuspitzung. Manche rabbinischen Kreise verstanden „Nächster" nur als Mitjude, andere schlossen Gruppen wie Zöllner oder Sadduzäer ausdrücklich aus. In Qumran hieß es sogar: „Liebet alle Söhne des Lichts und hasset alle Söhne der Finsternis."

Jesus widerspricht entschieden. „Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen" (V. 44). Er ruft nicht zu Gefühlen auf, die wir nicht erzeugen können, sondern zu einer Liebe, die im Tun sichtbar wird: agapáō bedeutet, dem Wohl des anderen zu dienen. Feindesliebe zeigt sich in Taten – und im Gebet. Wer für seinen Gegner betet, bringt ihn vor Gott und legt die Rache aus der eigenen Hand in die Hände des Vaters.

Warum? Damit wir Kinder unseres Vaters im Himmel sind (V. 45). Das bedeutet nicht: „So verdient ihr euch das Heil." Es heißt: „So zeigt ihr, dass ihr zu ihm gehört." Denn Gott selbst behandelt die Welt mit einer Großzügigkeit, die Grenzen sprengt: Er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute, und er schenkt Regen Gerechten wie Ungerechten. Wenn wir nur die lieben, die uns lieben, sind wir nicht anders als die Welt – so handeln Zöllner, so handeln Heiden.

Am Ende steht der Höhepunkt: „Darum sollt ihr vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist" (V. 48). „Vollkommen" bedeutet hier nicht makellos oder fehlerlos, sondern ganz, vollständig. Eine Liebe, die nicht selektiv ist, sondern alle umfasst – auch den, der nichts zurückgeben kann, auch den, der dich verletzt.

Diese Worte sind keine Theorie. Sie sind ein Spiegel. Wie schnell ziehe ich meine Grenze: bis hierhin liebe ich, dort aber nicht mehr. Jesus reißt diese Grenzen ein. Er ruft uns in eine Freiheit, die größer ist als jede Vergeltung: Die Freiheit, dem Feind Gutes zu wünschen. Die Freiheit, den Gegner vor Gott zu tragen. Die Freiheit, anders zu handeln, als die Welt es erwartet.

Das ist keine naive Ethik. Es ist der Weg des Reiches. Es ist der Weg des Kreuzes – denn genau das hat Jesus gelebt: Während er verspottet und verhöhnt wurde, betete er: „Vater, vergib ihnen."

Wer ihm nachfolgt, wird nicht weniger gerufen: Nicht nur Freunde lieben, sondern Feinde. Nicht nur Brüder grüßen, sondern auch die Fremden. Nicht nur das Naheliegende tun, sondern das Übernatürliche: Gottes Liebe widerspiegeln in einer Welt voller Grenzen.

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Re: Impulse

von nusskeks am 13.09.2025 08:55

Mehr als Recht – die Freiheit, auf Vergeltung zu verzichten
Matth. 5,38-42

„Auge um Auge, Zahn um Zahn" (Mt 5,38). Viele hörten darin Härte. Doch in der Tora war diese Formel nie ein Freibrief für Rache, sondern ein Gerichtsprinzip: Strafe sollte angemessen sein, nicht überzogen. Sie begrenzte Gewalt – sie sollte nicht eskalieren.


Zur Zeit Jesu war dieses Prinzip jedoch oft so verstanden worden, dass es private Vergeltung rechtfertige. Wer beleidigt oder verletzt wurde, fühlte sich frei, es sofort heimzuzahlen. Jesus aber zieht die Grenze: „Ich aber sage euch: Leistet dem Bösen nicht Widerstand" (V. 39). Er spricht nicht gegen Gerichte oder Rechtsordnung, sondern gegen persönliche Rachegelüste. Die Bibel ist hier klar: „Mein ist die Rache, spricht der HERR" (Dtn 32,35).

Dann illustriert Jesus, was das praktisch heißt:

-> Die Ohrfeige auf die rechte Wange – eine öffentliche Demütigung. Er sagt: Halte auch die andere hin. Nicht aus Schwäche, sondern aus Stärke – weil du frei bist, nicht zurückzuschlagen.

-> Der Streit ums Hemd – gib auch den Mantel. Verstrick dich nicht in endlose Klagen; lass los, statt dich vom „guten Recht" knechten zu lassen.

-> Der erzwungene Meilengang – wenn dich eine Obrigkeit zwingt, geh zwei. Damals konnten römische Soldaten Bürger zwingen, Lasten zu tragen. Jesus ruft: Überrasche mit Freiwilligkeit statt Widerwillen.

-> Die Bitte und das Darlehen – sei großzügig, wo andere knausern. Öffne die Hand, statt sie zu verschließen.

Allen Beispielen ist eines gemeinsam: Durchbrich den Kreislauf der Vergeltung. Verzichte auf dein Recht, damit Gnade sichtbar wird.

Das heißt nicht, dass Jesus Rechtssysteme abschaffen wollte. Legitimes Gericht hat seinen Platz. Aber für den Einzelnen gilt: Charakteristischer für Gottes Gerechtigkeit ist, wenn man auf Vergeltung verzichtet. Auch bedeutet es nicht, dass jeder Schutz verboten wäre: Später weist Jesus seine Jünger an, für die kommende Zeit der Verfolgung auch an persönliche Sicherheit zu denken (Lk 22,35–36). Der Kontext entscheidet.

Hier geht es um die Haltung des Herzens: nicht alles einklagen, nicht zurückschlagen, nicht „Zahn um Zahn" leben, sondern großzügig loslassen. Das führt direkt zur nächsten Stufe: Feindesliebe (V. 43–48). Wer nicht zurückschlägt, ist schon auf dem Weg, seinen Feind zu lieben.

Und genau da liegt die Freiheit: Wer Gott vertraut, muss nicht alles selbst zurechtrücken. Er darf loslassen, statt immer heimzuzahlen. Er darf großzügig geben, statt festzuhalten. Er darf mit Demütigungen umgehen, ohne dass seine Würde zerbricht – weil sie im Vater im Himmel verankert ist.

So zeigt sich Reichsgerechtigkeit: nicht darin, jeden Anspruch durchzusetzen, sondern darin, den Kreislauf der Gewalt zu unterbrechen. Nicht darin, Rache zu üben, sondern darin, Gnade zu leben.

Dieser Abschnitt ist kein Ruf zur Passivität, sondern zur stärkeren Freiheit: Wer im Reich Gottes steht, kann verzichten – und wird dadurch ein lebendiges Zeugnis der Gnade des Vaters.

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Re: Impulse

von nusskeks am 11.09.2025 16:44

Ein Ja, das Ja bleibt
(Matth. 5,33-37)

„Ihr habt gehört ... ich aber sage euch." Mit diesen Worten führt Jesus seine Zuhörer mitten hinein in ein Thema, das damals wie heute brandaktuell ist: Wahrhaftigkeit.

Im Alten Testament war Schwören nicht verboten. Wer schwor, sollte es nur im Namen des Herrn tun und durfte den Eid nicht brechen (Lev 19,12; Num 30,3). Der Schwur war also eigentlich eine Bekräftigung der Wahrheit. Doch zur Zeit Jesu hatte sich eine Kultur entwickelt, die genau das unterlief. Man erfand Ausweich-Formeln: „bei Himmel", „bei Erde", „bei Jerusalem", „bei meinem Haupt". Solche Schwüre galten in manchen rabbinischen Schulen als weniger bindend als ein Schwur im Namen Gottes. Mit anderen Worten: Man konnte scheinbar schwören und sich doch ein Hintertürchen offenhalten.

Genau dagegen richtet Jesus seine Worte: „Ich aber sage euch, dass ihr überhaupt nicht schwören sollt... Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Bösen." (Mt 5,34.37). Er nimmt den Menschen die Ausreden weg. Denn jeder Schwur, ob bei Himmel, Erde oder Jerusalem, bezieht letztlich Gott mit ein. Der Himmel ist sein Thron, die Erde sein Schemel, Jerusalem die Stadt des großen Königs. Selbst dein „Haupt" gehört dir nicht, weil du kein einziges Haar weiß oder schwarz machen kannst.

Damit legt Jesus den Kern frei: Das Problem liegt nicht in der Form des Schwurs, sondern im Herzen, das nach Schlupflöchern sucht, statt die Wahrheit klar zu sagen.

Der Ruf Jesu ist radikal einfach: Ein „Ja" soll ein Ja sein. Ein „Nein" ein Nein. Keine Füllwörter, keine Absicherungen, kein verschwurbeltes Kleingedrucktes. Menschen, die zu Jesus gehören, zeichnen sich durch eine Sprache der Klarheit aus.

Das ist herausfordernd. Denn wie oft weichen wir in unserem Alltag aus: Wir sagen Dinge so, dass sie gut klingen, aber nicht ganz die ganze Wahrheit sind. Wir geben Zusagen, bei denen wir schon spüren, dass wir sie nicht halten können. Wir schmücken, beschönigen oder polstern ab, damit wir besser dastehen. Jesus entlarvt all das als „vom Bösen".

Doch sein Ziel ist nicht, uns bloßzustellen, sondern uns frei zu machen. Frei von dem Druck, immer noch eine Absicherung einbauen zu müssen. Frei von dem Zwang, mit Worten zu tricksen. Frei, einfach zu sagen, was ist.

Das Reich Gottes zeigt sich schon darin, dass Christen Menschen sind, denen man glauben kann. Dass unser Wort trägt – auch ohne Eid. Dass wir nicht mit großen Schwüren beeindrucken, sondern mit still verlässlicher Wahrhaftigkeit.

Jesus lädt uns ein, neu anzufangen: „Herr, mach mein Herz wahrhaftig, damit meine Worte verlässlich sind." Dann wird unser Ja ein echtes Ja sein – und unser Nein ein verlässliches Nein. Und Menschen um uns herum werden etwas von Gottes Treue erkennen, die niemals wankt.

Hoditai, Mensch des Weges 
One of Israel

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