Suche nach Beiträgen von nusskeks
Erste Seite | « | 1 ... 11 | 12 | 13 | 14 | 15 ... 63 | » | Letzte
Die Suche lieferte 630 Ergebnisse:
Re: wie umgehen mit Zweifeln an Paulus und Lukas ?
von nusskeks am 12.08.2025 08:47Lieber Suchender,
mich bewegt, dass du einerseits so klar bekennst, zu Jesus Christus zu gehören, und andererseits mit Misstrauen auf manche seiner Zeugen blickst. Das ist keine Kleinigkeit – und ich glaube, dass dein Wunsch nach Klarheit und Wahrheit Gott wichtig ist.
Manchmal ist es hilfreich, sich daran zu erinnern, dass Jesus selbst seinen Aposteln den Auftrag gegeben hat, von ihm zu zeugen (Joh 15,27; 17,20) – und dass die ersten Christen diese Zeugnisse nicht leichtfertig angenommen haben, sondern prüften, ob sie aus erster Hand und in Übereinstimmung mit der Botschaft des Herrn standen. Dass Lukas oder Paulus nach Jesu Himmelfahrt in den Vordergrund traten, heißt nicht, dass sie „später erfunden" wurden. Die frühe Gemeinde hat ihre Berufung und ihr Zeugnis bestätigt (Gal 2,9).
Vielleicht hilft dir der Gedanke, dass Gott Menschen gerade in ihrer Unterschiedlichkeit gebraucht: Lukas als sorgfältigen Historiker, Paulus als kompromisslosen Verkündiger der Gnade. Sie widersprechen einander nicht im Kern, sondern bezeugen denselben Herrn aus verschiedenen Blickwinkeln.
Ich möchte dich ermutigen, die Bibel nicht mit der Haltung „Was kann ich streichen?" zu lesen, sondern mit der Frage: „Was will Gott mir hier über Jesus zeigen?" Wenn Christus selbst dich schon gefunden hat, dann wird er dir auch helfen, seinem Wort – und denen, die er als Zeugen berufen hat – wieder mehr zu vertrauen.
gruß
nk
Hoditai, Mensch des Weges
One of Israel
Re: wie umgehen mit Zweifeln an Paulus und Lukas ?
von nusskeks am 12.08.2025 08:40Hallo Suchender,
danke für deine sorgfältige Rückmeldung – ich greife nur die Kernpunkte auf und halte mich kurz.
1) „Hörten ... / hörten nicht" (Apg 9,7 vs. 22,9)
Du hast recht: Genitiv/Akkusativ bei ἀκούω ist keine eiserne Regel. Aber genau deshalb muss der Kontext entscheiden. In Apg 26,14 ergänzt Paulus ein Detail, das die Differenz erklärt: Die Stimme sprach „in hebräischer Sprache". Zusammengenommen ergibt sich ein stimmiges Bild: Die Begleiter nahmen etwas akustisch wahr (Genitiv in 9,7), erfassten aber die an Paulus gerichtete Rede nicht (Akkusativ-Verneinung in 22,9). Dass Lukas in der Verteidigungsrede (22) den Fokus auf die Nicht-Erfassung der an Paulus gerichteten Stimme legt, ist rhetorisch plausibel – es bleibt kein zwingender Widerspruch, sondern unterschiedliche Zuspitzung derselben Szene. Deine Einwände kenne ich; sie zeigen, dass die Kasus-Nuance nicht allein trägt – mit 26,14 jedoch ist sie textimmanent erklärbar.
2) „Sie sahen niemanden" vs. „sie sahen das Licht"
In 9,7 bezieht sich „sahen niemanden" auf die Begleiter; 22,9 sagt über dieselben: „das Licht sahen sie." Person sah niemand – Licht sahen sie wohl. Das ist kompatibel: eine überwältigende Theophanie ohne sichtbare Person für die Begleiter, während Paulus selbst bezeugt, den Herrn gesehen zu haben (vgl. 1Kor 9,1; Apg 26,16–19). Aus „Licht = Erscheinung" folgt nicht, dass „niemand sehen" das Licht ausschließen müsste.
3) „Ich fiel" vs. „Wir alle fielen"
Apg 9 und 22 fokussieren narrativ bzw. in der Ich-Rede Paulus; 26,14 liefert die zusätzliche Gruppenangabe („als wir alle zu Boden gefallen waren"). Selektive Perspektive ist kein Widerspruch, sondern normale Erzählökonomie (Redeauszüge vs. Erzählerbericht). Der Kriminalistik-Vergleich greift hier zu kurz, weil Redewiedergaben in der Antike bewusst pointieren.
4) „Paulus erwähnt die Blindheit nicht"
Argumente ex silentio bleiben schwach. Paulus meidet es, mit „Erlebniskapiteln" zu werben (vgl. 2Kor 12,1–10); er verweist stattdessen auf die Offenbarung Christi (Gal 1,15–16). Dass er die Blindheit nicht nennt, erklärt die Sache nicht weg – aber es stützt auch nicht die These, Lukas habe frei „dramatisiert".
5) Hellenistische Topoi vs. biblische Theophanie
Das Licht-Motiv ist innerbiblisch verankert (Dan 10,7; Hes 1; Hab 3,4). Eine reale Theophanie kann sich symbolisch „sprechen"; Symbolik ersetzt historische Plausibilität nicht – sie deutet sie. Lukas' Präambel (Lk 1,1–4) beansprucht historische Sorgfalt, und viele externe Details in Lk/Apg sind wiederholt bestätigt worden. Das heißt nicht „Mythos nach Drehbuch", sondern Theologie in Geschichte. Deine Verallgemeinerung (AT-Vision = unhistorisch; „nur Kreationisten...") führt vom Thema weg und setzt Prämissen, die der Text selbst nicht setzt.
Kurz gesagt: Liest man Apg 9/22 mit 26,14 zusammen, lösen sich die harten Widerspruchs-Kanten: (a) akustische Wahrnehmung vs. inhaltliches Erfassen, (b) Licht ohne sichtbare Person für die Begleiter, (c) perspektivische Kürze vs. gruppenbezogene Ergänzung. Das ist keine „rettende Spitzfindigkeit", sondern binnentextliche Kohärenz.
Mir ist wichtig (und das schreibe ich ausdrücklich), nicht nur geistlich, sondern auch historisch Vertrauen zu stärken: Lukas will verlässlich berichten; die drei Fassungen sind komplementär, nicht konkurrierend.
gruß
nk
Hoditai, Mensch des Weges
One of Israel
Re: wie umgehen mit Zweifeln an Paulus und Lukas ?
von nusskeks am 11.08.2025 20:06Hallo pray,
Danke Dir. Mir fiel tatsächlich noch jede Menge ein. Allerdings weiß ich mittlerweile nicht, ob User Suchender überhaupt ein Wissensproblem hat. Es liest sich eher wie ein Vertrauensproblem. Wissenslücken kann man schließen. Vertrauen hingegen muss man erfahren und sich schenken lassen. Da sind auch viele Worte oft nicht hilfreich. Jesus zum Beispiel und alle gläubigen Menschen des Neuen Testaments zitieren mit großer Selbstverständlichkeit aus dem Alten Testament, ohne jede Zweifel, ohne es als Mythos oder Märchen zu deklarieren. Jesus legte seinen Jüngern gar das ganze Alte Testament aus und zeigte ihnen, wo überall von ihm die Rede sei. Wenn Jesus das tut... können wir das auch. Allerdings stehen wir oft da und sagen Sätze wie "Jesus kommt im Alten Testament doch gar nicht vor."
Herrn Drewermann habe ich absichtlich nicht aufgegriffen. Er und sein Wirken sind mir aber natürlich ein Begriff. Es erschien mir jedoch nicht hilfreich, dieses Thema auch noch zu eröffnen.
gruß
nk
Hoditai, Mensch des Weges
One of Israel
Re: wie umgehen mit Zweifeln an Paulus und Lukas ?
von nusskeks am 11.08.2025 14:34Hallo Suchender,
es freut mich aufrichtig zu lesen, dass dein Vertrauen in Jesus Christus selbst unerschütterlich ist und du ihn als deinen Retter kennst. Das ist das Fundament, auf dem alles steht – und es verbindet uns trotz unterschiedlicher Sichtweisen auf einzelne Fragen.
Gerade weil du Christus kennst, möchte ich dir ans Herz legen, in deiner Einschätzung der biblischen Zeugen sehr vorsichtig zu sein. Die Männer, deren Glaubwürdigkeit du in Frage stellst – Paulus, Lukas, Timotheus, Barnabas – sind im Neuen Testament nicht isolierte Selbstdarsteller, sondern durchgängig in den Zusammenhang der ersten Gemeinden und Augenzeugen eingebunden:
Paulus begegnet Kephas (Petrus) und Jakobus (Gal 1,18–19) und erhält öffentlich „die rechte Hand der Gemeinschaft" von den Jerusalemer Säulen (Gal 2,9).
Lukas schreibt sein Evangelium ausdrücklich auf Grundlage von Augenzeugen (Lk 1,1–4) und wurde in der alten Kirche als verlässlicher Historiker geschätzt – viele seiner Orts-, Personen- und Amtsbezeichnungen sind durch externe Quellen bestätigt.
Barnabas wird in Apg 4,36–37 als Teil der Jerusalemer Gemeinde vorgestellt, lange bevor er Paulus' Begleiter wird.
Dass einzelne Schriften damals diskutiert wurden, ist kein Beweis gegen ihre Inspiration – eher umgekehrt: Die frühe Kirche prüfte sorgfältig, ob eine Schrift apostolisch, inhaltlich übereinstimmend und in den Gemeinden weit verbreitet war.
Ich glaube, dass „Spreu vom Weizen trennen" beim Wort Gottes nicht bedeutet, dass wir nach subjektiver Sympathie für den Autor filtern, sondern dass wir lernen, die Botschaft im Licht der ganzen Schrift zu verstehen. Wenn Jesus selbst den Schriften des Alten Testaments höchste Autorität gibt (Joh 10,35: „Die Schrift kann nicht gebrochen werden") und seine Apostel als von ihm Gesandte bestätigt (Joh 17,20; Apg 9,15), dann sollte uns das zu Vertrauen ermutigen – auch wenn einzelne Stellen uns vor Fragen stellen.
Mein Vorschlag: Lies die Paulusbriefe und die Apostelgeschichte noch einmal mit dem Blick darauf, wie sehr sie auf Christus zentriert sind. Du wirst vielleicht überrascht sein, wie wenig sie sich selbst ins Zentrum stellen – und wie sehr sie stattdessen Jesus bezeugen.
gruß
nk
Hoditai, Mensch des Weges
One of Israel
Re: wie umgehen mit Zweifeln an Paulus und Lukas ?
von nusskeks am 11.08.2025 07:54Gute Antwort, und viel kürzer als meine! Sehr gut. 
gruß
nk
Hoditai, Mensch des Weges
One of Israel
Re: wie umgehen mit Zweifeln an Paulus und Lukas ?
von nusskeks am 11.08.2025 07:31Fortsetzung...
Zur Kanonfrage: Die Kirche hat die Schriften nicht erfunden, sondern das empfangene apostolische Zeugnis unterschieden und bezeugt. Schon im NT selbst sehen wir das Miteinander der Zeugen (Apg 15; Gal 2). Die späteren Konzilien haben bestätigt, was die Gemeinden weithin schon lasen; sie haben nicht per Mehrheitsbeschluss eine neue Autorität geschaffen. Dass einzelne Schriften (z. B. 2Petr) länger diskutiert wurden, ist kein Zeichen gegen, sondern für die Sorgfalt der frühen Christen. „Klerus statt Gott" trifft nicht, wenn man bedenkt, dass der Kanon nach dem Kriterium apostolischer Herkunft, übereinstimmender Lehre und kirchlicher Rezeption erkannt wurde – nicht nach politischer Nützlichkeit.
Bleibt die Grundfrage nach „Wahrheit vs. literarischer Gestaltung". Die Bibel ist kein steriles Protokoll, aber sie ist darum nicht weniger wahr. Wahrheit in biblischem Sinn heißt: treue, verlässliche Übereinstimmung mit Gottes Reden und Handeln in Raum und Zeit. Unterschiede in Perspektive, Auswahl und Fokus – besonders in Redewiedergaben – sind in der antiken Geschichtsschreibung normal und theologisch funktional, ohne den Kern zu relativieren. Genau dieser Kern ist in allen drei Damaskusberichten identisch: Der auferstandene Jesus begegnet Paulus, offenbart sich, beauftragt ihn – und dieses Ereignis erklärt den radikal veränderten Kurs eines Pharisäers, der Christus zuvor verfolgte.
Ich respektiere, wenn dich das noch nicht sofort überzeugt. Aber ich denke, die binnenskripturale Evidenz (was für ein Wort...) trägt das Gewicht der Einwände: (1) die sprachliche Differenz Genitiv/Akkusativ im Licht von Apg 26,14 (hebräische Sprache), (2) die Kompatibilität der Seh-/Fall-Details durch Fokusverschiebung, (3) die alttestamentliche Theophanie-Matrix (auch so ein Wort...) für Licht/Überwältigung statt bloß hellenistischem Topos, (4) die eigene Bestätigung des Paulus über die Gemeinschaft mit Kephas/ Jakobus (Gal 2,9). Damit verlieren die „strukturellen Widersprüche" ihren Zwangscharakter.
Mein Rat wäre: nicht selektiv „glaubwürdig" vs. „unglaubwürdig" aussortieren, sondern die Texte in ihrer eigenen Gattung, Sprache und heilsgeschichtlichen Logik lesen. Außerdem ist es immer wichtig, sich in die hebräische Kultur der damaligen Zeit einzufühlen. Wer das tut, findet – gerade in der Spannung zwischen verschiedenen Blickwinkeln – eine robuste, tragfähige Wahrheit: Gott hat in Christus gehandelt, und die Zeugen berichten verlässlich davon. Ein Grundvertrauen in die Bibel wäre natürlich auch nicht verkehrt.
gruß
nk
p.s.: Wir sollten uns wirklich kürzer fassen. 
Hoditai, Mensch des Weges
One of Israel
Re: wie umgehen mit Zweifeln an Paulus und Lukas ?
von nusskeks am 11.08.2025 07:25Hallo Suchender,
meine Antwort jetzt könnte etwas lang werden. Falls dem so ist, teile Deine Reaktion darauf bitte auf, dann kann sich auch meine Antwort beschränken. 
Zunächst einmal danke für deine ehrliche und hartnäckige Nachfrage. Ich nehme deine Bedenken ernst – gerade, weil Vertrauen hier nicht „gegen den Verstand", sondern mit Herz und Verstand gesucht wird.
Zuerst zur vermeintlichen Gegensatzformel „hörten die Stimme / hörten die Stimme nicht". In Apg 9,7 steht: „... ἀκούοντες μὲν τῆς φωνῆς, μηδένα δὲ θεωροῦντες" (akúontes men tēs phōnēs – Genitiv). In Apg 22,9 heißt es: „... τὴν δὲ φωνὴν οὐκ ἤκουσαν τοῦ λαλοῦντός μοι" (tēn de phōnēn ouk ḗkousan tou lalountos moi – Akkusativ). Der Wechsel ist nicht Kosmetik: In der Koine bezeichnet ἀκούω (akoúō) mit Genitiv oft das Hören eines Lautes/Geräusches, mit Akkusativ hingegen das Erfassen der Stimme als sprachlich-inhaltliche Rede. Entscheidend ist, dass Lukas uns in Apg 26,14 die fehlende Verständlichkeit zusätzlich erklärt: Die Stimme sprach „τῇ Ἑβραΐδι διαλέκτῳ" (tē Hebraïdi dialektō – „in hebräischer Sprache"). Das schafft eine schlichte, kontextinterne Auflösung: Die Begleiter hörten etwas (Apg 9,7 – Genitiv), sahen aber niemand; sie verstanden die an Paulus gerichtete Rede nicht (Apg 22,9 – Akkusativ), weil sie (anders als Paulus) die hebräische Ansprache nicht erfassten. Dass Lukas ausdrücklich die hebräische Sprache erwähnt, ist für genau diesen Punkt der Schlüssel – und macht klar, warum dieselbe Szene aus unterschiedlichen Blickwinkeln (Erzählerbericht / Paulus-Rede) verschieden formuliert sein kann, ohne sich zu widersprechen.
Zum „Licht sehen / nichts sehen": Apg 22,9 sagt, die Begleiter sahen das Licht, Apg 9,7, sie sahen niemanden. Das ist kompatibel: Sie nahmen die Erscheinung (Licht) wahr, ohne eine Person zu sehen. Ebenso „fiel ich zu Boden" (Apg 22,7) vs. „wir alle fielen" (Apg 26,14): 9 und 22 fokussieren Paulus, 26 erweitert den Blick auf die Gruppe; das ist selektive, nicht kontradiktorische Erzählökonomie.
Die Frage, warum Paulus die zeitweilige Blindheit in seinen Briefen nicht erwähnt, ist verständlich. Aber seine Briefe sind Gelegenheitsbriefe – keine Autobiografie. Wo er sein Damaskuserlebnis ins Spiel bringt, tut er es zweckbezogen: „...es gefiel Gott, seinen Sohn in mir zu offenbaren" (Gal 1,15–16), „habe ich nicht Jesus, unseren Herrn, gesehen?" (1Kor 9,1), „der himmlischen Erscheinung war ich nicht ungehorsam" (Apg 26,19 – in eigener Rede). Die Blindheit ist für Lukas theologisch sprechend (vom Blind-Sein zum Sehen), für Paulus' jeweilige Argumentation aber nicht notwendig. Ein Argument ex silentio bleibt schwach – gerade, weil Paulus auch viele andere Details aus Apg nicht (noch einmal) schildert.
Zum Einwand „hellenistische Topoi (Licht → Blindheit → Erkenntnis) = literarische Konstruktion": Dass ein Motiv kulturell anschlussfähig ist, macht ein Ereignis nicht unecht. Wichtig ist zudem: Die Formgebung der Damaskuserzählung ist innerbiblisch tief verankert – weniger im griechischen Mythos als in jüdischer Theophanie-Sprache. Denke an Daniel 10,7: „Die Männer, die mit mir waren, sahen die Erscheinung nicht, doch ein großer Schrecken fiel auf sie..." (hebr.: hā'ănāšīm... lōʾ rāʾû, LXX: „οἱ ἄνδρες... οὐκ εἶδον τὴν ὅρασιν"). Oder an Hesekiel 1 (überwältigender Glanz), Habakuk 3,4 („Glanz [hebr. קָרֶן qāren] wie das Licht"), 2Mo 34 (Moses Angesicht strahlt), Apg 26,13–14 („Licht heller als die Sonne", hebräische Ansprache). Das Muster „Herrlichkeit = Licht = Überwältigung der Sinne" ist alttestamentlich. Lukas beschreibt nicht ein „griechisches Drehbuch", sondern eine Christus-Theophanie in Kategorien jüdischer Offenbarung.
„Nur ein Autor, kein Zeugenplural" – das greift zu kurz. Lukas schreibt als Historiker und Kompilator und lässt Paulus selbst zweimal reden (Apg 22; 26). Außerdem führt er Ananias als zweiten Augenzeugen ein (Apg 9,10–17; 22,12–16). Dass ein Autor mehrere Reden eines Zeitzeugen zusammenstellt, entkräftet nicht die Zeugenschaft; es zeigt, dass ein und derselbe Zeuge seine Geschichte kontextsensibel erzählt (vor Juden in Jerusalem; vor Agrippa; im narrativen Bericht). So funktionierte antike Historiografie regelmäßig – und Lukas sagt selbst, er habe „allem von Anfang an genau nachgegangen" (Lk 1,3).
Zur behaupteten „Gemeinschaft mit den Jüngern, die nie bestätigt wird": Paulus schildert ausdrücklich seine Begegnung mit Kephas und Jakobus (Gal 1,18–19) und berichtet, dass Jakobus, Kephas und Johannes ihm und Barnabas „die rechte Hand der Gemeinschaft gaben" (Gal 2,9; griech. „δεξιὰς ἔδωκαν... κοινωνίας", dexiàs édōkan... koinōnías). Das ist nicht Lukas, sondern Paulus selbst – und es ist genau die Bestätigung, nach der gefragt wird.
Puh...es wird echt lang....
Zum Vorwurf „Paulus grenzt Homosexuelle aus, Jesus schweigt": Jesus bindet die Sexualethik an die Schöpfungsordnung („männlich und weiblich", 1Mo 1–2) und nennt als moralisch verwerflich zusammengefasst πορνεία (porneía, „Unzucht" – Mt 19,4–6; Mk 7,21–23). Paulus steht nicht quer zu Jesus, sondern entfaltet dieselbe Tora-basierte Ethik im Heidenkontext. In 1Kor 6,9–11 nennt er u. a. ἀρσενοκοῖται (arsenokoîtai) – ein Lehnwort aus der LXX-Formulierung von Lev 20,13 (διὰ „ἄρσενος κοίτην"), also direkte Rückbindung an die Tora. Wichtig ist der Zielsatz: „Und solches sind etliche von euch gewesen; aber ihr seid gewaschen..." (1Kor 6,11). Das ist kein „Ausgrenzen der Person", sondern eine Einladung zur Umkehr – so wie gegenüber allen genannten Sünden. Das Neue Testament verfolgt konsequent das Doppelziel von Wahrheit und Gnade.
Ich mache mal hier einen Cut und fahre in einem weiteren Beitrag fort....
Hoditai, Mensch des Weges
One of Israel
Re: wie umgehen mit Zweifeln an Paulus und Lukas ?
von nusskeks am 10.08.2025 21:51Hoi Suchender,
danke für deine Rückmeldung – ich finde es gut, dass du nicht vorschnell zufrieden bist, sondern die Texte genau prüfst.
1. Genitiv und Akkusativ
In Apg 9,7 steht im Griechischen: ἀκούοντες μὲν τῆς φωνῆς – Genitiv; in Apg 22,9 dagegen: τὴν δὲ φωνὴν οὐκ ἤκουσαν – Akkusativ.
Diese Unterscheidung ist im Neuen Testament nicht willkürlich: Der Genitiv wird häufig verwendet, wenn das Hören den Laut betrifft, ohne dass der Inhalt verstanden wird (vgl. Joh 3,8; Offb 3,20), der Akkusativ dagegen, wenn das Hören den Inhalt erfasst (vgl. Joh 5,25).
Das erklärt, wie Lukas dieselbe Szene unterschiedlich formulieren kann, ohne dass sich die Aussagen widersprechen: Die Begleiter hörten den Laut (Apg 9), verstanden aber die Worte nicht (Apg 22).
2. „Zentrales Element" oder „Nebendetail"?
Ich verstehe, dass du die Punkte nicht als Nebensache empfindest. Historisch betrachtet ist aber der Kern der Berufungserzählung in allen drei Berichten derselbe: Paulus begegnet dem auferstandenen Jesus Christus, fällt zu Boden, hört eine Stimme, erhält einen Auftrag. Licht und Blindheit sind zwar wichtige dramatische Elemente, aber nicht der entscheidende Punkt der Berufung – der liegt in der Offenbarung Christi.
3. Warum erwähnt Paulus selbst die Blindheit nicht?
Paulus schreibt seine Briefe in sehr konkreten, oft seelsorgerlich- oder lehrbezogenen Zusammenhängen. Er erzählt seine Bekehrung nirgends in vollem Detail, weder in Gal 1 noch Phil 3 noch 1. Tim 1. Dass er die Blindheit nicht erwähnt, heißt nicht, dass sie nicht geschah – er lässt einfach das aus, was für seine jeweilige Argumentation nicht nötig ist.
4. Literarische Topoi
Ja, das Motiv „blendendes Licht → Blindheit → Erkenntnis" gibt es in der hellenistischen Literatur. Aber zwei Dinge sind wichtig:
-> Erstens schließt ein bekanntes Motiv nicht aus, dass ein reales Ereignis diesen Ablauf hatte. Ähnliche Elemente finden sich z. B. auch in der Geschichtsschreibung von Josephus, ohne dass er deshalb Märchen erzählt.
-> Zweitens spricht nichts dagegen, dass Gott ein Ereignis so gestaltet, dass es kulturell verständlich ist. Lukas könnte das Paulus-Erlebnis realistisch berichten, und gleichzeitig erkennen seine Leser die symbolische Bedeutung: Blind für die alte Sicht, sehend für Christus.
5. Vertrauen in Lukas
Dass Lukas drei Fassungen bringt, ist kein Indiz für literarische Erfindung, sondern für redaktionelle Sorgfalt: Er zeigt, wie Paulus seine Berufung jeweils vor unterschiedlichen Zuhörern schildert. Das ist historisch plausibel – und entspricht dem, was wir auch heute kennen: dieselbe Geschichte, an unterschiedliche Hörerschaften angepasst.
Ich denke daher, wir haben es weder mit absichtlicher Geschichtskonstruktion noch mit einer unzuverlässigen Quelle zu tun, sondern mit einem inspirierten Autor, der Gottes Handeln in einer Weise beschreibt, die sowohl historisch verankert als auch theologisch tief ist.
gruß
nk
Hoditai, Mensch des Weges
One of Israel
Re: wie umgehen mit Zweifeln an Paulus und Lukas ?
von nusskeks am 10.08.2025 16:13Hallo Suchender,
danke, dass du deine Gedanken so offen teilst. Ich kann nachvollziehen, wie verunsichernd es wirkt, wenn ein biblischer Bericht in mehreren Versionen erscheint und die Details auf den ersten Blick nicht völlig deckungsgleich sind.
Zu den drei Darstellungen des Damaskuserlebnisses in Apostelgeschichte 9, 22 und 26:
Schaut man in den griechischen Grundtext, zeigen sich feine Unterschiede, die die scheinbaren Widersprüche auflösen können. In Apg 9,7 heißt es, die Begleiter „hörten die Stimme" (Genitiv: den Laut), sahen aber niemanden. In Apg 22,9 heißt es, sie „hörten die Stimme nicht" (Akkusativ: den Inhalt der Worte). Das kann bedeuten: Sie nahmen ein Geräusch wahr, verstanden jedoch nicht, was gesagt wurde. Ähnlich beim „Licht sehen" bzw. „nicht sehen" – die Berichte betonen unterschiedliche Aspekte desselben Ereignisses, ohne dass sich die Aussagen gegenseitig ausschließen.
Dass Lukas drei Versionen überliefert, liegt nicht daran, dass er die Geschichte neu erfindet, sondern dass Paulus sie in verschiedenen Situationen mit unterschiedlichen Schwerpunkten erzählt. Lukas gibt diese Reden in indirekter Form wieder und lässt Paulus je nach Zuhörerschaft bestimmte Punkte betonen oder auslassen. Das ist keine Geschichtsfälschung, sondern normale antike und auch heutige Erzählpraxis.
Was den Vorwurf einer bewussten literarischen Inszenierung betrifft: Ja, biblische Autoren benutzen sprachliche Bilder und kulturell verständliche Motive, aber das schließt historische Realität nicht aus. Die Bibel verbindet oft beides – sie berichtet, was geschehen ist, und sie zeigt zugleich, was es geistlich bedeutet.
Zur Vertrauensfrage: Die Bibel versteht sich selbst nicht als sterile Chronik, sondern als von Gott inspirierte Wahrheit (2. Tim 3,16), vermittelt durch verschiedene Zeugen. Kleine Unterschiede in Nebendetails mindern nicht den Wahrheitsgehalt der Botschaft. Entscheidend ist, dass alle drei Berichte übereinstimmen in der Hauptsache: Paulus begegnet dem auferstandenen Jesus Christus, wird dadurch radikal verändert und erhält seinen Auftrag.
Mein Rat wäre daher: Prüfe die Schrift als Ganzes, beachte den historischen und sprachlichen Kontext und lass dich nicht durch Nebensätze vom Kern abbringen. Gott hat sein Wort so gegeben, dass es zuverlässig ist – auch wenn es nicht immer in der Form moderner Protokolle vorliegt.
gruß
nk
Hoditai, Mensch des Weges
One of Israel
Re: Impulse
von nusskeks am 10.08.2025 07:22„Jeremia 39 – Gottes Wort steht fest"
Es war das elfte Jahr der Herrschaft Zedekias. Die Mauern Jerusalems waren gebrochen, die letzte Hoffnung der Stadt zerschlagen. Die Babylonier hatten ihr Werk vollendet, und die führenden Männer des Königs Nebukadnezar saßen bereits im Mitteltor, um die Eroberung zu verwalten. Unter ihnen wird ein Name genannt, der uns in der Bibel begegnet: Nebo-Sarsekim, der oberste Hofbeamte.
Was damals vielleicht wie eine Randnotiz wirkte, ist kürzlich durch einen unscheinbaren archäologischen Fund eindrucksvoll bestätigt worden. Eine jahrtausendealte Tontafel aus Babylon nennt diesen Mann mit Namen und Titel – festgehalten in einer Verwaltungsnotiz, datiert (595 v. Chr) auf die Zeit kurz vor der Eroberung Jerusalems. Plötzlich steht vor unserem inneren Auge eine konkrete Person: ein einflussreicher Beamter, Teil der Geschichte, die Jeremia so nüchtern beschreibt.
Diese Übereinstimmung ist mehr als ein historisches Detail. Sie ist ein leiser, aber kraftvoller Hinweis: Das, was in Gottes Wort überliefert ist, ruht nicht im Nebel der Legenden. Es ist fest in der Wirklichkeit verankert. Namen, Titel, Ereignisse – alles trägt den Stempel der Geschichte.
Für die Menschen damals war Jeremia 39 eine bittere Realität. Sie sahen Zerstörung, erlebten Verlust, und viele fragten sich, ob Gott sie vergessen habe. Doch dieselben Ereignisse, die ihnen wie ein Ende vorkamen, waren Teil von Gottes größerem Plan. Auch im Gericht blieb Er der Herr der Geschichte.
Dieser kleine Fund darf auch uns ermutigen. Er erinnert uns daran, dass Gottes Wort nicht veraltet und nicht unsicher ist. Wenn Er spricht, dann ist es wahr – ob es um das Geschehen vor zweieinhalbtausend Jahren geht oder um Seine Verheißungen für unser Leben heute.
Jeremia 39 zeigt uns: Gott kennt die Namen, Er kennt die Umstände, und Er lenkt den Lauf der Geschichte. In Zeiten der Erschütterung können wir uns darauf verlassen, dass Sein Wort Bestand hat – gestern, heute und in Ewigkeit.
Hoditai, Mensch des Weges
One of Israel


Antworten