Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?
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Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?
von Cleopatra am 14.08.2020 11:53Die Bibelverse sollen meine Meinung bilden, nicht begründen
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geli
Gelöschter Benutzer
Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?
von geli am 13.08.2020 17:39Ich habe jetzt nicht alles durchgelesen, und bin wohl auch etwas spät dran, um noch zu schreiben. Aber das ist wirklich ein Thema, das sicherlich jeden Christen beschäftigt. Auch mich, und dazu habe ich für mich persönlich eine Antwort gefunden.
Vergeben - da steckt drin: "weg"- geben. Etwas, das weg ist, ist schon im Besitz eines anderen, wenn es z.B. darum geht, eine Sache, die in der Zeitung angepriesen wird, kaufen zu wollen. "Ist schon vergeben", heißt es dann. Also nicht mehr da, nicht mehr zu haben.
Genauso verstehe ich auch die Vergebung, wenn es um Menschen geht, die ihre Schuld nicht einsehen oder sie nicht erkennen.
Wenn ich diese Schuld also vergebe, dann gebe ich sie weg. Hin zu Christus. Der ist für Schulden aller Art zuständig .
Damit ist die betreffende Sache nicht mehr eine Sache zwischen mir und der Person, die an mir schuldig wurde, sondern eine Sache zwischen dieser Person und Christus. Und er wird wissen, wie er damit umgeht.
Ich bin damit diese Last los.
Ein anderes Thema ist dann, wie ich Heilung finde.
Und auch ein anderes Thema wäre, ob man diese Person dafür zur Rechenschaft ziehen sollte. Ich denke aber, dass muss dann jeder selbst entscheiden.
Im Falle des Beispiels von dem gestohlenen Geld während des Hauskreises würde ich die Sache auf jeden Fall ansprechen und auch die Rückgabe des Geldes fordern.
Aber so "einfach" liegt ja nicht jeder Fall, da gibt es keine "Regel", die man immer anweden könnte.
Burgen
Gelöschter Benutzer
Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?
von Burgen am 12.08.2020 21:55
Hallöchen
ja, wenn man alles an Parallelstellen usw. zusammenträgt, kann man schon ein bisschen "ins Schleudern" kommen.
Doch für mich ist die Quintessenz wirklich, dass Vergebung die "Kehrseite" der Liebe ist.
Und die gilt es wohl für die meisten Menschen wirklich zu lernen. Immer wieder neu. Darin liegt die Herausforderung des Lebens. ;)
Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?
von pray am 12.08.2020 21:02
Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?
von Cleopatra am 12.08.2020 20:21Aber ich sehe es hm, etwas anders:
Im Gleichnis wurde immer ein Thema bildlich dargestellt, um es besser zu verstehen.
Es geht vor allem um die Relation.
Die Bibelverse sollen meine Meinung bilden, nicht begründen
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Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?
von pray am 12.08.2020 17:54Liebe Schreiberlinge,
vielen Dank für die vielen Puzzlestückchen. Ja, wie Burgen schreibt, bedeutet Vergebung wirklich innere Befreiung (alles ist wieder gut - Gefühl) aber auch die Beispiele und Konsequenzen und "Schutzvorkehrungen", wie sie Ignats und Nusskeks beschrieben konnte ich nachvollziehen.
Liebe Cleo,
ich beleuchte mal die Bibelstellen, die du angeführt hast:
"Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern..."
o.k, das könnte zunächst mal bedeuten, dass wir - wenn wir vergeben haben - das in der Weise tun, wie Gott auch, nämlich, dass die Schuld im tiefsten Meer verschwindet und nicht immer wieder neu hochgefischt wird.
"Seid aber untereinander freundlich und herzlich und vergebt einer dem andern, wie auch Gott euch vergeben hat in Christus.
Epheser 4:32 "
o.k. hier gibts aber Verhaltensweisen für beide Christen. Beide sollen freundlich untereinander sein und wenns dennoch mal funkt, sollen beide, einer dem anderen vergeben. Ich dir, du mir! Könnte man auch so sehen, ne?
"Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, so wird euch euer himmlischer Vater auch vergeben.
Matthäus 6:14"
Ja, aber vergiss nicht, dass wir den Himmlischen Vater ja auch gebeten haben im "Vater unser - Gebet", was diesen Versen voranging: Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Das kann man auch nicht einfach so übersehen, oder?
"Und ertrage einer den andern und vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den andern; wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr!Kolosser 3:13 "
Ja, dann aber eben wieder die Frage, ob der andere wenigstens um Vergebung bittet und es ihm leid tut. Jetzt, wo ich das schreibe fällt mir ein, dass es aber solche Belastungen gibt, die man anderen Leuten wohl noch nachdem sie tot sind, ankreidet. Verstehen kann ich das nicht, aber ich weiß, dass es solche nachtragenden Menschen gibt, die sich damit belasten.
"Und richtet nicht, so werdet ihr auch nicht gerichtet. Verdammt nicht, so werdet ihr nicht verdammt. Vergebt, so wird euch vergeben.
Lukas 6:37 "
Diesen Vers würde ich in einem anderen Zusammenhang sehen (Manche Pharisäer richteten gern und legten andere unsagbare Lasten auf, hielten sich aber selbst nicht dran)
"Da trat Petrus hinzu und sprach zu ihm: Herr, wie oft muss ich denn meinem Bruder, der an mir sündigt, vergeben? Ist's genug siebenmal? Jesus sprach zu ihm: Ich sage dir: nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal.
Matthäus 18:21-22 "
So liebste Cleo, erwischt!!! Das war ja genau die Stelle, wo dann das Gleichnis vom "Schalksknecht" folgte, der den König ja auch um Vergebung bat und im Querverweis der Hinweis, dass es den anderen reuen muss.
Aber vielleicht kann man insgesamt mit dem Bibelwort abschließen, das auch schon erwähnt wurde:
Ist's möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden. (Römer 12,18)
Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?
von Cleopatra am 12.08.2020 16:23Epheser 4:32 "
Matthäus 6:14"
Kolosser 3:13 "
Lukas 6:37 "
"Da trat Petrus hinzu und sprach zu ihm: Herr, wie oft muss ich denn meinem Bruder, der an mir sündigt, vergeben? Ist's genug siebenmal? Jesus sprach zu ihm: Ich sage dir: nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal.
Matthäus 18:21-22 "
Matthäus 6:15 "
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Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?
von nusskeks am 12.08.2020 08:58Über diese Frage(n) muss ich auch schon lange nachdenken. Eine abschließende Lösung kann ich für mich nicht formulieren. Es sind noch immer Bruchstücke.
Zunächst ist es laut Bibel offenbar ungeheuer wichtig, selber Vergebungsbereitschaft zu haben und zu leben. Denn für diese Bereitschaft ist jeder selber verantwortlich, gerade vor Gott. Diese Bereitschaft ist quasi ein Zeichen dafür, ob man die Vergebung die einem selbst durch Gott zu Teil wurde, verinnerlicht hat. Fehlt diese Bereitschaft, hat dies weitreichende Konsequenzen für meine Beziehung zu Menschen und zu Gott. Jesus findet dafür sehr deutliche Worte, die ich ernst nehmen muss.
Wenn Versöhnung nicht zustande kommt, so soll dies also nicht an mir liegen. Aus meiner Sicht ist dies ein fundamentaler Grundsatz, dem ich immer nachkommen will. DIe Jesu Antwort auf die Frage des Petrus, wie oft er denn jemandem vergeben solle, ist eben nicht 490 Mal. Bei ehrlicher Umkehr, sofern ich sowas denn einschätzen kann, gibt es keine mengenmäßige Grenze für Vergebung.
Habe ich das Gefühl, jemand bitte ohne wirkliche Einsicht um Vergebung, so spreche ich dies direkt an. Dabei geht es mir nicht um irgendwelche niederen Motive auf meiner Seite, sondern um ehrliche Vergebung und Umkehr. Unehrlichkeit ist nie gut, auch in diesem Bereich nicht.
Nehmen wir meine Mutter als Beispiel, so hat sie bis heute nicht verstanden, was sie mit ihrer Art und Weise alles angerichtet hat. Um meine Familie zu schützen, musste ich den Kontakt zu ihr abbrechen. Trotz mehrfacher Erklärungen, nicht nur von meiner Seite, sieht meine Mutter bei sich kein Fehlverhalten. Was tun?
Meine Lösung besteht darin, eine stetige Vergebungsbereitschaft auch ihr gegenüber zu haben. Dies habe ich ihr auch mitgeteilt. Nach Jahren bat sie Dana ich um Entschudligung, allerdings noch immer ohne Einsicht. Sie wollte halt nur wieder Kontakt haben.
Nun bedeutet Vergebung nicht, die Taten oder Worte die zur Schuld führten, zu relativieren. Im Gegensatz zu Gott können wir Menschen schwere Schuld auch nicht vergessen. Aus meiner Sicht wäre es sogar fatal, Schuld zu vergessen. Schuld vergessen kann nur Gott, wie man in der Schrift lesen kann.
Daher habe ich im Fall meiner Mutter den Kontakt zwar wieder aufgenommen, behalte ihr verletztendes und traumatisierendes Verhalten jedoch stets im Hinterkopf. Denn sie hat ja nicht zugesagt, ihr Verhalten zu ändern. Im Hinterkopf behalte ich ihr Verhalten nicht, um ihr beständig Vorhaltungen machen zu können, sondern um im Ernstfall gewappnet und vorbereitet zu sein. Ich bleibe also auf der Hut.
Bedrückend ist natürlich, dass mir durch die fehlende Einsicht meiner Mutter, ein wichtiger Teil für die Aufarbeitung der Kindheit von meiner Schwester und mir vorenthalten bleibt. Mein Vater ist ebenfalls keine Hilfe, da er die Verantwortung für eine Familie nie tragen konnte und jeder ernsthafte Rückblick auf sein Versagen um seine Gesundheit fürchten lässt. Da bleibt also das Gespräch mit meiner Schwester und meiner Frau... und natürlich dem Herrn Jesus Christus.
lg
nk
One of Israel
Burgen
Gelöschter Benutzer
Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?
von Burgen am 11.08.2020 23:00
Vergebung ist meiner Meinung eine Einstellung.
Es beinhaltet sogar, sich selbst zu vergeben.
Wie oft am Tag sind wir von Gottes Vergebung beschenkt. Besonders auch dann, wenn zu dem einen oder anderen Lebensbezug scheinbar kein Grund vorliegt, dass mir vergeben werden sollte.
Ich denke, Vergebung ist die Voraussetzung für Liebe. Beides wird erlernt. Ziemlich nüchtern betrachtet. Es ist Arbeit. Vergebungsbereitschaft ist das Fundament einer Beziehung, einer Freundschaft.
Manchmal erinnert mich Abba, Vater an lange zurück liegende Begebenheiten. Und genau das sind dann die "gottseligen" Momente, in denen mir deutlich wird, jetzt ist Vergenung meinerseits dran.
Manchmal ist die Reaktion sofort darauf eine Freude und Befreiung. Dankbarkeit. Denn manchmal vergehen sehr viele Jahre bis wir endlich mit Gottes Hilfe in die damalige Situation zurück erinnert werden. Nicht weil wir verdammt werden sollen, sondern weil er uns liebt und es Zeit für uns wird, Heilung zu empfangen. Auch wenn es weh tut und man lieber wieder alles in der Versenkung haben will.
Wie froh und dankbar dürfen wir sein, dass wir nicht dabei allein gelassen werden. Er ist an unserer Seite, er ist dabei.
Mit anderen Worten zusammenfassend: Vergebung(sbereitschaft) ist in erster Linie für uns selbst. Das zu verstehen schenkt dann auch die Kraft und das Durchhaltevermögen, dem anderen 7x77x, alsoständig zu vergeben ohne verbittert zu sein.
Die Liebe trägt den Sieg davon.
ignats
Gelöschter Benutzer
Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?
von ignats am 11.08.2020 20:25Ich bitte um Entschuldigung - da hab ich den wesentlichen Teil Deiner Frage übergangen
Die Bedingung zur Vergebung heißt nach meiner Erkenntnis: Wenn einer an dir schuldig wurde und bereut, dann vergib ihm. Und wenn er das siebenmal am Tag macht: Vergib ihm. Meiner Ansicht nach geht das eben aus Lk 17,3b-4 hervor: "Wenn dein Nächster gegen dich sündigt, weise ihn zurecht, und wenn er es bereut, dann verzeih ihm. Selbst wenn er siebenmal am Tag an dir schuldig wird, sollst du ihm verzeihen, wenn er kommt und sagt: Ich bereue es!"
Keine Reue empfinden bedeutet demnach für mich, dass ich keine Vergebung gewähre.
Ein Beispiel: Zwischen meiner Mutter, welche schon lange tot ist, und mir, bestand ein sehr schlechtes Verhältnis. Sie griff auf eine sehr üble Weise in mein Leben ein und versuchte später auch, meine Ehe zu sabotieren. Als ich von den akuten Geschehnissen nach einiger Zeit etwas Abstand bewonnen hatte, versuchte ich genau, was dort in Luk. steht: Mit ihr zu reden, sie zumindest auf ihre Fehler hinzuweisen - um ihr dann endlich Vergebung zusprechen zu können. Denn bis dahin ging das nicht. Doch weder erkannte sie, noch bereute sie gar, was sie falsch gemacht und wie sehr sie mir und auch meiner Frau geschadet hatte. Ob sie wirklich nicht erkannte oder nicht wollte, das weiß ich nicht.
Folge war, dass ich mich außerstande war, ihr zu vergeben und genau das habe ich Jesus auch dann so hingelegt. Heute habe ich darüber dennoch Frieden.
So denke ich, es macht schon auch einen Unterschied, ob es sich bei zu vergebenden Vergehen um "Peanuts" handelt, also um Kleinigkeiten, oder ob es dabei um lebensbestimmende Umstände geht.