Glaubenskrise

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bettyb

-, Weiblich

  Neuling

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Glaubenskrise

von bettyb am 16.02.2020 20:18

Hallo!
Ich war lange nicht hier. Einige wissen vielleicht warum. 

Ich möchte euch sagen warum ich die Kraft dazu nicht habe. Ob sie noch wieder kommt vermag ich nicht zu sagen.

Unser Sohn ist am 25.06.2019 plötzlich und  unerwartet verstorben. Das hat mich total aus der Bahn geworfen. Damit nicht genug, bekam mein Mann kurz darauf Nierenkrebs und ihm wurde die re. Niere komplett entfernt.

Im Moment hat nun meine Tochter Stress mit ihrem Freund. Sie ist so stark sehbehindert, das sie vor dem Gesetz als blind gilt. Ihr Freund auch, aber das ist eine andere Geschichte, die damit jetzt  nichts zu tun hat. Ich wollte es nur erwähnen, damit ihr ein Bild habt, was alles so schief läuft in meinem Leben.

Ich bete noch hin und wieder, aber es tut sich gar nichts. Wenn ein Problem halbwegs abgearbeitet ist, bzw.einigermaßen überstanden kommt die nächste Katastrophe auf uns zu.

Ich versuche noch täglich stille Zeit  zu machen. Jedoch kommen mir die Texte eher oft wie ein Hohn vor, als wenn mich jemand auslachen wollte, als das sie mir Trost spenden. Ich bin mit meinem Latein, sprich Glauben am Ende. Möchte ihn eigentlich nicht aufgeben, weiß aber nicht mehr weiter, wie ich wieder Hoffnung und Zuversicht bekommen soll.

Nie hätte ich für möglich gehalten, das ich mal an diesen Punkt ankomme und mich alles so aus der Bahn wirft, aber die letzten Monate waren einfach die Hölle auf Erden für mich und meine Familie. Ich weiß einfach nicht weiter. Ich habe mit Gott verhandelt, ihn angefleht und gebeten, mir meinen Sohn wieder zu geben, wie bei Lazarus, der Tochter des  Jairus oder der armen Witwe, aber es ist nichts geschehen. Ich bete, das er mir im Traum erklärt wieso und warum das alles geschehen musste, aber nichts, einfach nichts. Eine Christin sagte mir, das es nicht Gott war, der das gemacht hat, oder sein Wille. Darauf habe ich nur erwidert, aber er hat es zugelassen. Warum lässt er seine Schafe, die ihm vertrauen so im Stich? 
Habe ich es verdient? 
Wir haben uns im Mai letzten Jahres nach 25 Jahren noch mal den Segen geben lassen. Unser Spruch hieß: "Der Herr denkt an uns und segnet uns"  Und gut einen Monat steht unser Leben total Kopf und wir kriegen es nicht mehr gedreht.

Ich habe mit Solana Kontakt, die auch ihren Sohn letztes Jahr verloren hat. Bekannte Christen von uns haben vor ein paar Jahren ihre Tochter durch einen Unfall verloren und von einem ehemaligen guten Freund ist der Sohn erst verschwunden und nach 2 Monaten tot aufgefunden worden. Welchen Zweck soll das alles haben? Was ist das für ein lieber und barmherziger Gott,der seine Schafe so im Stich lässt. Ich komme damit einfach nicht mehr klar.

Ich weiß also, das auch andere Christen leid tragen und wir nicht die Einzigen sind, aber es bleibt die Frage nach dem Warum? Sie verfolgt mich und lässt mich nicht mehr los. 

So. jetzt wisst ihr, warum ich zur Zeit nicht mehr komme. Ob ihr mich verstehen könnt, weiß ich nicht, wenn nicht kann ich es nicht ändern. 
Ich musste es aber einfach mal loswerden. 

Seid gegrüßt Betty

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Cleopatra
Administrator

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Beiträge: 5156

Re: Glaubenskrise

von Cleopatra am 16.02.2020 21:18

Danke liebe betty, für deine Offenheit.
Ich werde beten, bevor ich dir ausführlich schreibe.
Will dich einmal gedanklich ganz lieb in den Arm nehmen und dich drücken.
Liebe Grüße, Cleo

Die Bibelverse sollen meine Meinung bilden, nicht begründen
Zitate im Forum, wenn nicht anders vermerkt, aus der rev.Elberfelder

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geli
Gelöschter Benutzer

Re: Glaubenskrise

von geli am 16.02.2020 21:19

Welchen Zweck soll das alles haben? Was ist das für ein lieber und barmherziger Gott,der seine Schafe so im Stich lässt. Ich komme damit einfach nicht mehr klar.

Es stimmt - solche Verluste sind schwer, und sie verursachen viel Schmerz.
Vor 7 Jahren habe auch ich ein Enkelkind verloren - es ist bei der Geburt gestorben. Jeder Todesfall - vor allem, wenn es unverhofft und plötzlich geschieht, ist ein Ereignis, das man erst mal "verdauen" muss.
Und schnell entsteht die Frage: "Wie kann ein Gott der Liebe das zulassen?"

Wir Menschen verleihen manchmal Dinge - seien es nun Bücher, oder ein Auto, oder andere Sachen. Dabei ist es selbstverständlich, dass wir geliehene Gegenstände auch wieder zurückgeben, wenn der Eigentümer es möchte.

So verstehe ich es auch mit Gott: Unsere Kinder, Ehepartner, Freunde oder andere Menschen sind nicht unser Eigentum, sondern sie gehören Gott. Er ist der Eigentümer, und er hat uns unsere Kinder und andere Menschen "ausgeliehen". Auf unbestimmte Zeit - manchmal für viele Jahre, manchmal nur für kurze Zeit.
Ich perönlich habe Gott meine kleines Enkelkind, wie es da so in seinem kleinen Sarg lag, zurückgegeben. Sie war die "kostbare Perle", die der "Kaufmann", Jesus; hier auf der Erde gesucht hatte und die er mit sich genommen hat (Jesus "verkaufte" alles - er gab sein Leben - und kaufte die Perle - Matth. 13,45-46).
Sie gehörte ihm, war sein Eigentum, und mir nur geliehen. 
Wir wissen nicht, warum er manche Menschen sehr früh zurückholt - aber ich denke, er hat seine Gründe dafür.
Eine Karte zum Tod meiner Enkelin hat mich sehr getröstet: "Sie ist uns nur vorausgegangen".

Habe ich es verdient?

Wenn man es genau nimmt, hätten wir Menschen alle den Tod verdient.
Dass Gott uns in Christus ewiges Leben anbietet, ist Gnade.

So denke ich, dass Schwierigkeiten und Nöte, die uns im Leben treffen, nichts mit der Frage, ob wir es "verdient" häben, zu tun haben.

Ich weiß also, das auch andere Christen leid tragen und wir nicht die Einzigen sind, aber es bleibt die Frage nach dem Warum?

Ja, auch andere Christen tragen Leid - ich denke, hier kommen wir noch "gut" weg. Wenn ich an die Christen denke, die wegen ihres Glaubens verfolgt werden, die getötet werden, deren Angehörige entführt werden, auch oft ganz junge Mädchen, um mit Muslimen verheiratet zu werden - gerade aktuell ein Mädchen namens Lea Sharibu, die von einer Terrororganisation entführt wurde und die nun schon seit über einem Jahr gefangengehalten wird - dagegen sind unsere Nöte ja noch relativ gering.

Aber ich denke auch, dass die Frage nach dem "Warum" nicht die richtige Frage ist. Diese Frage wird uns Gott manchmal beantworten, oft aber auch nicht.
Wir können hier nur vertrauen, dass er alleine das "Warum" kennt, und dass er das Richtige tut - bzw. zuläßt.

Wenn mich also Nöte und Schwierigkeiten treffen, frage ich in erster Linie: "Herr, was willst du mir zeigen?" - "Was soll ich hierbei lernen?" - Wo willst Du mich hier verändern?" - "Willst Du meinen Glauben prüfen?" - oder ähnliche Fragen.

Oft schon hat mir das Buch Hiob ins Herz gesprochen - auch er wurde ja geprüft, und am Ende war seine Beziehung zu Gott uns sein Glaube zu Gott ein anderer als vorher.

Ich hoffe, Du kannst mit dem, was ich geschrieben habe, etwas anfangen? Vielleicht sind ein paar Denkanstöße dabei, wie sich Deine Beziehung zu Gott neu gestalten könnte?


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Cosima
Administrator

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Re: Glaubenskrise

von Cosima am 16.02.2020 22:35

Liebe Betty, 

du weißt, dass ich mit dir leide - dass ich genauso fassungslos war, so verzweifelt, über den Tot eures Sohnes. 
Und dass du hier geschrieben hast, wie es in dir aussieht, das ist gut und richtig. 

Ich denke, Jesus wird zu dir sagen: "Gut Betty, dass du so ehrlich bist! ICH habe dich lieb!" 

Herzliche Grüße von Cosima, die an dich denkt und für dich und deine Familie betet. 

Die Liebe gibt nie jemand auf, in jeder Lage vertraut und hofft sie für andere; alles erträgt sie mit großer Geduld. 1.Kor.13:7 GNB

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Burgen
Gelöschter Benutzer

Re: Glaubenskrise

von Burgen am 16.02.2020 22:42



Liebe Betty 

es tut mir sehr leid, dass du deinen Glauben so schwer leben kannst.

Und auch in diesem Fall möchte Gott/Jesus dich nicht loslassen.

Es ist natürlich heftig, was du in den letzten Jahren und Monaten erfahren und durchlitten hast.

Und trotzdem, glaube daran, dass du  d i e. geliebte Tochter Gottes bist.

Wir haben das beste, schönste und wichtigste Buch des Lebens in Händen.

Jesus selbst will in ihm gesucht werden.

Denke doch mal an die Emmausjünger. Sie waren derart traurig nach der Kreuzigung und dem Tod Jesu,

dass ihre Augen auf dem Weg ihres Rückzugs zugehalten waren und den auferstandenen Jesus nicht erkennen konnten.

Erst nachdem Jesus ihnen das Wort Gottes aufschloss und das Mahl mit ihnen gehalten hatte,

gingen ihnen die Augen auf, das Herz sprang vor Freude über.

Und genauso könntest du zusammen mit deinem Mann zuhause das Mahl einnehmen. 

Nicht die Umstände bestimmen bestenfalls den Glauben an Jesus. Sondern das Festhalten an die Worte des Zrostes und der Liebe im Wort Gottes. Entweder mit eigenen Worten oder mit einem oder mehreren Schrifworten.

Wirf dein Vertrauen nicht weg.


Es täte mir leid, sollte ich dich auf dem falschen Fuß getroffen haben. ..-

Gott ist Liebe - Gott liebt dich  

Er ist derselbe der er war der er ist und der er sein wird

Suche ihn im Wort und dann halte ihn fest.

Der Tunnel hat ein Ende und das Licht scheint wieder. 

Vielleicht noch, dies ist ein Weg, der uU länger braucht, jedoch innerhalb des Weges wirst du wachsen. Das ist Fakt.

Halte also das eine oder andere Wort Gottes fest! Sprich es immer wieder in dein Herz hinein,

egal wie die Umstände sind, egal was du denkst, lass nicht los, gib nicht auf.  

Gefühle kommen und gehen. Jesus bleibt.




 

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Merciful

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Re: Glaubenskrise

von Merciful am 19.02.2020 07:06

Ich glaube - hilf meinem Unglauben.

So lesen wir in der Jahreslosung.

Auch ich erlebe mich sowohl gläubig als auch ungläubig.

Ich denke, jeder Mensch erlebt auch Leid.

Auch ich erlebte und erfahre Leid.

Wie gehen wir mit Leid um?

Welche Schlüsse ziehen wir?

Muss Leid das Ende unseres Vertrauens bedeuten?

Ich meine, es hat mir in all den Jahren geholfen, auch das zu sehen, was mir Grund zur Freude war.

'Ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre', so sagte Jesus zu Petrus.

Wir wären mit unserer Kraft rasch am Ende.

Paulus war darin guter Zuversicht, Gott werde das gute Werk (in der Gemeinde zu Philippi) vollenden.

So kann auch unsere Zuversicht allein darin gründen, dass Gott uns im Glauben bewahrt.

Und doch ist es immer auch unsere Entscheidung, dem zu vertrauen, der uns geliebt hat in seinem Sohn.

Der Sohn starb für uns auf Golgota. Unter dem Kreuz Jesu finden wir zur Zuversicht.

Merciful
 

Antworten Zuletzt bearbeitet am 08.03.2020 09:48.

bettyb

-, Weiblich

  Neuling

Beiträge: 59

Re: Glaubenskrise

von bettyb am 22.02.2020 16:57

Ihr Lieben!
Ich dan ke euch für eure Antworten und eure Anteilnahme.

Ich weiß, ihr meint es gut und wollt mir helfen. Es gibt jedoch im Moment kaum Worte die zu trösten vermögen.

Ich hätte einen von euch wahrscheinlich genauso oder ähnlich geantwortet, wäre einer von euch in meiner Situation.

Ich möchte ja auch weiterhin glauben, aber das Vertrauen fällt so schwer. 

Wenn Gott es so wollte, kann ich den Sinn darin nicht erkennen. Ich kann nicht verstehen, warum unser einziger Junge uns genommen wurde, der unserer sehbehinderten Tochter noch zur Seite stehen sollte, wenn wir es mal nicht mehr können. Er sollte sein Leben noch genießen, er hatte so viel Geld gespart, damit er noch für später was hat, sich noch weiter bilden um noch mehr Geld zu verdienen und nicht so wie wir später kaum Rente bekommen.

Kaum gegönnt hat er sich was, damit er es später mal besser hat als wir.

Er war immer dankbar für alles was wir für ihn getan haben.

Ich habe Angst davor, das mein Mann daran zerbricht. Das ich ihn auch noch verliere, weil er damit nicht fertig wird und auch gesundheitlich angeschlagen ist. 

Wenn unsere Tochter ein paar Tage nicht meldet, oder auf meine Anfrage nicht gleich reagiert, drehe ich fast durch vor Sorge und rufe sie an, aber ich will sie ja auch nicht komplett vereinnahmen.  Sie ist noch jung, wird nächste Woche 26 Jahre alt und soll und muss ihr Leben leben. Ich kann sie nicht mehr beschützen und alles vor ihr fern halten, was ihr schaden könnte. Ich bin ja auch froh und stolz und dankbar,  das sie trotz ihrer Sehbehinderung so selbstständig geworden ist. Es macht mich einfach nur kribbelig, wenn ich nicht weiß wie es ihr geht, wenn ich nichts von ihr höre. 

Ich kann einfach nicht mehr so blind vertrauen, das schon alles ok ist.Wie das wieder kommen kann weiß ich im Moment noch nicht. Ich bin in so vielen einfach ratlos. Ich habe schon einige Krisen und Katastrophen überstanden und war auch dankbar in der Zeit, den Glauben zu haben, aber dies hat mich total aus dem Konzept gebracht.  Dazu die Enttäuschung von einigen, wo man meinte, das sind echte Freunde. Viele ziehen sich zurück, am Anfang fragen sie noch öfter nach wie es einem geht, aber nach und nach wird es immer weniger. Es ist doch keine Krankheit, die nach einer gewissen Zeit ausgeheilt ist und man dann wieder normal am Leben teilnehmen kann. Es bleibt wie es ist, es wird nie wieder wie vorher und wir müssen damit leben bis zu unserem Lebensende, aber wie soll man das auf Dauer aushalten? Danach wird man nicht gefragt. Finde dich damit ab und gut, Gucke nach vorne und suche dir neue Ziele. 

Wir halten es hier im Haus nicht mehr aus, schon gar nicht, wenn einer von uns alleine hier ist, wiel der andere arbeiten ist. Deshalb suchen wir eine Wohnung in dem Ort wo ich arbeite, wo meine Mutter wohnt und wo man auch jederzeit einkaufen kann. Selbst das klappt nicht. Wir finden einfach nicht etwas geeignetes und dann müssen wir dieses Haus hier auch noch los werden.
Ihr seht unsere Baustellen reißen nicht ab, eher kommen immer neue dazu, als das wir mal zur Ruhe kommen. Deshalb kann ich auch nicht wieder zum Lobpreis singen gehen. Ich fühle mich dort fehl am Platz und möche meinen Mann dann nicht auch noch alleine lassen. Deshalb kann ich gutgemente Angebote komm doch mal vorbei oder wir können ja mal ins Kino gehen nicht annehmen.

So, jetzt habe ich euch wieder genug vorgejammert, aber es muss einfach mal raus. Ich möchte ja auch nur, das man mich versteht, aber das kann  wohl nur wirklich jemand der ähnliches durchmachen muss oder musste. Seid herzlich gegrüßt. Betty

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burgold

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Re: Glaubenskrise

von burgold am 22.02.2020 18:24

Liebe Betty
Mir fehlen die Worte und ich nehme dich einfach nur in die Arme. Mehr fällt mir nicht ein dazu.
Wenn du einfach mal nur reden willst, bist du im Chat jederzeit willkommen .

Zeph 3, 17 17 Der Herr, dein Gott, ist in deinen Mauern, er ist mächtig und hilft dir. Er hat Freude an dir, er droht dir nicht mehr, denn er liebt dich; er jubelt laut, wenn er dich sieht.

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Cosima
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Re: Glaubenskrise

von Cosima am 22.02.2020 21:03


Liebe Betty, 

ja, Leid kennen viele von uns auch, jeder hat schon schwere Schicksalsschläge durchlitten.
Deshalb versuchen wir auch, dich zu trösten, weil wir mit dir leiden - es so weht tut, wenn 
man liest, wie all diese Gedanken dich quälen.
Deshalb kann ich auch nur wie Burgold sagen: "Lasse dich in die Arme nehmen, um mit dir zu weinen."

Deine Cosima, die dich im Gebet ans Herz von Jesus trägt. 

Die Liebe gibt nie jemand auf, in jeder Lage vertraut und hofft sie für andere; alles erträgt sie mit großer Geduld. 1.Kor.13:7 GNB

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Cleopatra
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Re: Glaubenskrise

von Cleopatra am 22.02.2020 21:47

Liebe bettyb,
 
ich habe lange gebraucht, bis ich dir schreibe, ich habe viel gebetet, weil ich eben auch denke, bei einem solch sensiblen Thema ist es ganz wichtig, selbst auch sensibel zu antworten.
Und du merkst ja auch an allen Antworten, dass wir mit dir leiden und es uns total leid tut, dass es dir so schlecht geht.
 
Wie wir lesen können- wenn ein Glied leidet, leiden auch wir mit.
 
Ja, wie gerne hätte ich jetzt eine Antwort auf dich, wieso du so viel erleben und ertragen musst.
Ich glaube, niemand wird mitfühlen können, der noch kein eigenes Kind zu Grabe getragen hat.
 
Wieso lässt Gott das zu?
 
Nun, diese Frage bewegt dich gerade, beziehungsweise- diese Frage quält deine Gefühle.
Denn wie oft lesen wir in der Bibel, wie Gott Wunder vollbracht hat, Krankheiten geheilt hat und Menschen aus schwierirgen Situationen herausgeholfen hat?
 
Und auch hier, in christlichen Kreisen, hören und erleben wir Heilungen, Wunder, Führung.
Wieso- also fragt sich das Gefühl- wieso dann nicht auch bei dir?
 
Ich musste auch (wie geli schon schrieb) an Hiob denken.
 
Was ist ihm alles Schlimmes geschehen?
 
Ich denke auch an eine Frau in meinem Bekanntenkreis, die vor eineinhalb Jahren ihren Ehemann zu Grabe tragen musste nach langem Kampf und Fasten gegen den Krebs..... Vor einem Jahr dann den Sohn, ganz plötzlich und unerwartet.
Ich kenne viele Menschen, die ihr Leben lang teilweise schon mit schlimmen Krankheiten kämpfen.
 Wie mag es wohl Paulus ergangen sein, der die ganze Zeit verfolgt wurde, verprügelt, ins Gefängnis gebracht, Ungerechtigkeit ertragen hat und am Ende sogar diesen "Dorn im Fleisch" hatte- obwohl er doch für Gott nur Gutes tat..?
 
Ich erinnere mich an mich, als ich nach dem Unfall so viel verlor und in eine gewisse "Trauerphase" kam (Gott sei Dank kannte ich die Stadien und konnte diese so bewusst nutzen).
 
Und weißt du was? Ich glaube, alle genannten Personen haben eines gemeinsam- sie brauchen Trost und sie brauchen Gebet.
Aber wie du schreibst, "wirken" die Anteilnahme erstmal nicht sehr viel.
Auf der Sachebene nehmen wir es wahr, ja, und es ist ja auch total nett.
 
Aber deine Gefühlswelt ist zur Zeit einfach nur völlig erschöpft und enttäuscht.
 
Was könnte also in Wirklichkeit helfen?
 
Nun, ich denke, neben dem Gebet deiner Geschwister, die für dich vor Gott stehen, auch, wenn du es nicht siehst, können dir alle sagen, wie sehr Gott dich liebt und so weiter, es wird eben höchstens deine Sachebene erreichen.
 
Bei Hiob hat kein Freund helfen können. Auch keine Schuldzuweisung.
 
Währest du nun in unserer Position, würdest du vielleicht theologisch und selbstverständlich biblisch korrekt antworten:
Ich wurde oft gefragt "Wenn es Gott gibt- wieso lässt Gott dann Krieg zu?" ich sagte dann "Wieso ist Gott Schuld, wenn der Mensch die böse Entscheidung trifft?"
oder "Wenn es Gott gibt, wieso gibt es dann die Krankheit?" worauf ich (und du würdest es sicher auch so machen) darauf hinweise, dass die Krankheit die Folge der Sünde ist und wir in dieser sündigen, bösen, krankheitbehafteten Welt leben müssen- erst bei Gott sind wir davon wirklich befreit. 
 
 
Und wenn dann noch jemand argumentieren würde, dass Gott schließlich den Nachbarn geheilt hat, wieso denn dann nicht meinen Bruder- dann hättest du vielleicht auch das Gleichnis von den Arbeitern am Weinberg im Hinterkopf, wo der Chef selbst entscheidet, wem er was gibt und die Arbeiter zugesagt haben.
 
Nun, sicher würdest du jetzt nicht unbedingt den leidenen Gegenüber darüber informieren, dass wir alle Gottes Geschöpfe sind und er in seiner Erhabenheit, Treue und Güte weiß, was er tut und alles im Blick hat. Du würdest jetzt nicht vom großen Puzzle der Welt reden, bei dem wir nur ein kleines Puzzlestück sind, welches wir nur sehen können. 
Denn dies wäre ja vielleicht natürlich richtig- aber die Gefühle sperren sich dagegen, einfach, weil es weh tut. Ich weiß nicht, wie ich es anders beschreiben soll, es ist schon so ernst gemeint.
 
 
Es ist auch so schwer zu verstehen, wieso Gott bei dem einen sein Geschenk der Gnade an dieser Heilung zum Beispiel macht und nicht bei jedem- oder doch wenigstens diesmal bei dir. Wieso hat er sich so entschieden? Haben wir ein Anrecht drauf?
Auch das wollen wir dann nicht hören, weil wir es anders hören wollen!
 
Wieso tut es weh und wieso ist es unangenehm? Weil du in Trauer bist, liebe betty.
 
Und in der Trauer gibt es (sorry, wieder Sachebene) unterschiedliche Phasen. Eine der Phasen schimpft sich "Zorn", eine Phase heißt "Verhandeln", es gibt aber auch die Phase, die sich "Depression" nennt.
 
Und diese Phase ist sehr unangenehm, sie kann lähmen, sie schaut zurück und sie leidet enorm.
 
Und diese Phase dauert bei jedem unterschiedlich.
 
Kein einziger Mensch, der außenstehend ist, und sei sie noch so liebevoll und so nah- keiner kann sie dir verkürzen.
 
Diese Phase ist für die Psyche die langfristige Medizin, solange man irgendwann aus dieser Phase herauskommt.
 
Wann es soweit ist, das kannst ganz alleine nur du entscheiden.
 
- Damals habe ich mir die Zeit der "Trauer" bewusst genommen und bin in eine Essstörung gerutscht.
Als mein Arzt mir bei den extrem miesen Blutergebnissen den Marsch geblasen hat, habe ich mir ganz bewusst in den Hintern getreten, habe ganz bewusst (und anstrengend) gesagt, dass diese Zeit nun vorbei ist und ich nach vorne sehe und mich zwinge, wieder regelmäßig zu essen.
Und es fiel mir nicht leicht, ich brauchte auch hier Gottes Hilfe und ganz viel Gebet. Aber kein mensch hätte mich dazu bringen können- die Entscheidung musste ich selbst treffen.
 
- Hiob hat irgendwann verstanden, wie Gott wirklich tickt, was seine Stellung ist und dass er derjenige war, der trotz allem zu ihm stand, ihm immer zuhörte, sogar Antwort gab und bei ihm blieb und ihm zeigte, was wichtiger ist als äußerliche Güter oder der Körper. Kein Freund konnte ihm diesen Blickwinkel geben.
- Meine Bekannte hat im Herzen Gott bewahrt, weil sie die Gebete gespürt hat, Gottes Anwesenheit und Trost ganz nah war und er ihr bei ganz vielen Dingen geholfen hat. Kein Verwandter konnte ihr das abnehmen.
- Freunde, die so schwer erkrankt sind, lächeln mich an und sind mir große Vorbilder, wenn es mir schlecht geht, zu sehen, wie sie auf Gott schauen und erkennen, wie wichtig die Seele ist und die Beziehung zu Gott.
 
Nun, vielleicht wirst du irgendwann jemanden genau die richtigen Worte geben können, wenn er/sie in einer Glaubenskriese ist, eben, weil du weißt, wie schlimm das ist.
 
Und es ist auch verständlich, wenn man sich dann eben zurückziehen möchte und auch das viele "ich bete für dich" und "Gott ist so lieb" nicht hören möchte, eben, weil die Gefühle noch etwas anderes sagen.
 
Daher hoffe und (entschuldige) bete ich auch dafür, dass du aus diesen schweren Gefühlen herauskommst, dass du Gott siehst und erkennst als den, der er ist, der trotzdem bei dir ist, mit dir leidet, dir all deinen Frust, deine Trauer, deine Enttäuschung anhört. Und ich hoffe und bete, dasss dies zur richtigen zeit geschieht und du diese Entscheidung irgendwann treffen kannst- wenn es für dich richtig ist und du es für dich entscheidest.
 
Er weiß ja, wie es dir geht. Und ich selbst wünschte auch, dass es diese doofe Sünde mit all ihren "Folgeerkrankungen" nicht geben würde. Dass natürlich immer jemand da wäre, der unsere Schmerzen und Krankheiten sofort wegnimmt und es uns immer gut gehen würde. Ja, so war es ja auch damals vorgesehen.
 
Noch ein kleiens Wort zum Thema Vertrauen:
Du meinst vielleicht, du kannst Gott nicht vertrauen, eben, weil du enttäuscht bist.
Vertrauen baut sich auf, Vertrauen ist aber auch eine Entscheidung.
 
Gott muss sich dein Vertrauen nicht verdienen.
 
Je mehr Erfahrungen wir mit Gott machen, umso mehr wird der Glaube und auch das Vertrauen wachsen.
Aber alles beginnt mit einem Anfang- und der beginnt mit der Entscheidung, diesen Schritt des Vertrauens zu gehen.
 
Und wenn du diesen Schritt, diese Entscheidung noch nicht gehen möchtest, dann fühle dich auch nicht gedrängt dazu.
Wir beten im Hintergrund und du kannst auch Gott gegenüber wie David in den Psalmen deine Gefühle so rauslassen, du kannst ihm auch sagen, was du denkst und was du von ihm erwartest, was du möchtest und was deiner Meinung nach richtig wäre.
 
Und dann sei aufmerksam, wenn Gott antwortet
 
Ja liebe betty, viele Worte, ich wollte mir aber gerne diese Zeit nehmen.
Ich hoffe, dass du dich nicht irgendwo gekrängt fühlst oder so, nein, ich wollte wirklich sensibel sein, aber auch keine Wahrheit auslassen.
Selbst, wenn sie manchmal unangenehm und doof klingt ändert es ja nichts daran, dass sie stimmt.
 
Und ich glaube, dass wir alle eben ahnen, was für eine schwere Zeit du durchmachst, und vor allem, wenn diese schon was länger anhällt.
 
Ich finde burgolds Vorschlag auch total gut, wenn du einfach mal quastschen möchtest, oder einfach mal die Gemeinschaft mit anderen Christen haben möchtest- dann melde dich. IM Chat geht es natürlich zeitlich immer am Besten, weil du dann sofort Antwort bekommst.
 
Aber auch hier- es gibt kein "vorjammern" oder so, nein, ich bin wirklich froh, dass du so ehrlich bist und uns teilhaben lässt an deiner schweren Situation, denn so können wir wirklich ganz gezielt für dich beten. Und wir wollen dir gerne zur Seite stehen, so gut, wie es eben geht.
 
Ich nehme dich mal gedanklich ganz dolle in den Arm.
 
Möge Gott dir eine ruhige Nacht schenken , ja, und dir auch das Gefühl der Geborgenheit geben, ,damit du spürst, dass du nicht alleine bist und Gott mit dir leidet und dir beisteht- immer, eben auch in schweren Zeiten.
 
Ganz liebe Grüße, Cleo
 

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